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Franziska Fehr, 2005 | Zofingen, AG
Viele psychische Krankheiten entstehen und verfestigen sich im Jugendalter. Aktuelle Studien zeigen auf, dass immer mehr Jugendliche von psychischen Problemen betroffen sind. Die Jugend ist eine wichtige Zeit für die Prävention psychischer Krankheiten. Jugendliche stehen unter einer verstärkten Vulnerabilität aufgrund zeitlich ungleich ablaufender Reifungsprozesse im Gehirn. Das Risiko für die Entstehung von psychischen Problemen ist aber nicht für alle Jugendlichen gleich hoch, sondern abhängig von umweltbedingten Faktoren. Mit einer an Kantonsschulen durchgeführten Umfrage wurden das psychische Wohlbefinden der Schüler:innen sowie Daten zu umweltbedingten Faktoren erfasst. Mit einer Skala der WHO wurde das psychische Wohlbefinden erfasst, dieses lag durchschnittlich bei 51.9% (Skala von 0% bis 100%, 100% bedeuten maximales Wohlbefinden). Mittels einer Regressionsanalyse konnte bei verschiedenen Faktoren signifikante Korrelationen gefunden werden. Die höchsten Korrelationen mit dem psychischen Wohlbefinden bestanden bei dem Wohlbefinden im eigenen Körper (r=0.56) und dem Wohlbefinden an der Schule (r=0.52). Aufgrund der Methodik der Umfrage (Querschnittstudie) sowie der selektiven Stichprobe können keine Kausalitäten nachgewiesen werden.
Fragestellung
Biologische Grundlage: Adoleszente Personen besitzen eine starke Vulnerabilität gegenüber äusseren Faktoren, da die Reifeprozesse im Hirn während dieser Zeit ungleich ablaufen. Diese Grundlage dient als Basis für die Entwicklung der Fragestellungen:
Fragestellung 1 (Korrelation): Gibt es nachweisbare Zusammenhänge zwischen umweltbedingten Faktoren und der psychischen Gesundheit von Jugendlichen?
Fragestellung 2 (Kausation): Vor dem Hintergrund der biologischen Grundlage: Können einzelne Faktoren (Stressoren) herausgearbeitet werden, welche einen Einfluss auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen haben könnten?
Methodik
Daten wurden im Rahmen einer Online-Umfrage bei Schüler:innen von Aargauer Mittelschulen erhoben. 470 Schüler:innen (Alter: 17.6 ± 1.2 Jahre; 67% weiblich) beantworteten 47 Fragen während durchschnittlich 11:04 Minuten. Die Daten dienten dazu, das psychische Wohlbefinden der Schüler:innen in Zusammenhang mit den jeweiligen äusseren Bedingungen des/der Schüler:in zu stellen. Das psychische Wohlbefinden wurde mit dem World Health Organization Five Well Being Index (WHO-5) ermittelt. Die restlichen Fragen beinhalteten folgende Kategorien: Persönliche Daten, Körperliche Gesundheit, Privates Umfeld, Schule, COVID-19, Psychische Gesundheit, Sonstiges. Mit Excel wurde eine Regressionsanalyse durchgeführt. So konnte berechnet werden, ob und falls ja, wie stark die Korrelation zwischen einem Merkmal und dem psychischen Wohlbefinden ist.
Ergebnisse
Das psychische Wohlbefinden gemäss WHO-5 Skala wies einen durchschnittlichen Wert von 51.9% auf. Es wurden diverse Korrelationen zwischen äusseren Bedingungen und dem psychischen Wohlbefinden der Jugendlichen gefunden. Beispielsweise wurde eine starke Korrelation zwischen der Schlafensdauer und dem psychischen Wohlbefinden ermittelt. Interessante Resultate stellen auch die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Teilnehmenden dar, weibliche Teilnehmende wiesen durchschnittlich geringere Werte auf als männliche. Weiter hat das Ergebnis einer offenen Frage gezeigt, dass 78.4% den Eindruck haben, dass die heutigen Jugendlichen häufiger von psychischen Krankheiten betroffen seien als ältere Menschen. Der meistgenannte Grund sind soziale Medien und deren Einfluss.
Diskussion
Die WHO-5 Skala ersetzt keine Diagnose; es können zwar Personen mit erhöhtem Risiko für psychische Probleme ermittelt werden, aber diese Angaben sind subjektiv behaftet. Ebenfalls ist die untersuchte Stichprobe nicht randomisiert, weshalb Fragestellung 2 (Kausalität) nicht diskutiert werden kann. Die Hypothese H1.0 kann aber verworfen werden und somit H1.1 erhärtet, da Zusammenhänge zwischen Faktoren und dem psychischen Wohlbefinden gefunden wurden. Verglichen mit anderen Studien scheinen die Jugendlichen dieser Stichprobe über ein tieferes psychisches Wohlbefinden zu verfügen. In einem nächsten Schritt wäre es wichtig, diese Kohorte zu erweitern mit Jugendlichen, welche keine Mittelschule besuchen.
Schlussfolgerungen
Die Resultate zeigen klar auf, dass Jugendliche einer hohen psychischen Belastung ausgesetzt sind. Es konnten Faktoren ermittelt werden, welche in einem Zusammenhang mit dieser stehen. Eine interessante Erweiterung würde das Eingehen auf die Thematik der sozialen Medien oder der Geschlechtsunterschiede darstellen.
Würdigung durch den Experten
Hans Rudolf Schelling
Franziska Fehr untersuchte mittels einer Online-Befragung Bedingungen des psychischen Wohlbefindens von Kantonsschüler:innen. Sie stellt ein durchschnittlich nur mässiges psychisches Befinden fest, das u.a. mit dem körperlichen und dem schulischen Wohlbefinden sowie mit der Dauer des Schlafs korreliert. Ihre Darstellung der einschlägigen Forschungsliteratur, der Erhebungs- und Auswertungsmethoden und der Ergebnisse ist sehr gelungen, diese werden adäquat interpretiert und reflektiert. Die Arbeit ist sinnvoll strukturiert und in einer ansprechenden, leicht verständlichen Sprache verfasst.
Prädikat:
sehr gut
Sonderpreis «Grundlagen der Metrologie» gestiftet vom Eidgenössischen Institut für Metrologie METAS
Alte Kantonsschule Aarau
Lehrer: Hannes Roesti