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Annalisa Essl, 2005 | Basel, BS

 

Verdichtung. 10-Millionen-Schweiz. Dichtestress. Diese Begriffe sind momentan sehr aktuell und werden angesichts der Wohnungsknappheit, der Zersiedlung und des Umweltschutzes sowie in der politischen Debatte kontrovers diskutiert. Diese Arbeit greift die Verdichtungsthematik auf und wollte herausfinden, wie das Empfinden von und die Einstellung zur Verdichtung zustande kommen und wodurch diese beeinflusst werden. Dafür wurde eine quantitative Umfrage und qualitative Befragungen durchgeführt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass bestimmte sozioökonomische Faktoren, die empfundene Lebensqualität des Wohnortes sowie Wertvorstellungen einen Einfluss haben können. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wurden Massnahmen herausgearbeitet, welche zu einer hohen Lebensqualität in verdichteten Umgebungen führen und dadurch die gesellschaftliche Akzeptanz von Verdichtung erhöhen könnten. Zusätzlich wurden Vorschläge für mögliche staatliche Massnahmen entwickelt, die akzeptanzsteigernd wirken könnten.

Fragestellung

Die Arbeit hat untersucht, welche Faktoren einen Einfluss haben können auf das Erleben (= Empfinden und Einstellung) von wohnlicher Verdichtung der Bewohner*innen von verdichteten Siedlungen. So lautet die Fragestellung: Welche Faktoren beeinflussen das Erleben von wohnlicher Verdichtung? Spezifischer wurde der Zusammenhang zwischen dem Erleben von Verdichtung und einerseits sozioökonomischen Faktoren, andererseits der empfundenen Lebensqualität des Wohnortes untersucht. Auch wurde geprüft, ob sich die Ergebnisse zwischen den Untersuchungsgebieten unterscheiden.

Methodik

Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine quantitative Umfrage mit Google Forms erstellt. Diese enthielt Fragen zur empfundenen Lebensqualität des Wohnorts, dem persönlichen Erleben von Verdichtung und zu sozioökonomischen Daten. Die Untersuchung wurde in zwei Basler Siedlungen durchgeführt: der Erlenmatt Ost-Siedlung und der Wohnüberbauung Sesselacker. Die Resultate wurden mit Microsoft Excel ausgewertet und grafisch dargestellt. Auch wurden Korrelationen berechnet zwischen den einzelnen sozioökonomischen Faktoren und dem Erleben von Verdichtung, wie auch zwischen der empfundenen Lebensqualität und dem Erleben von Verdichtung. Zusätzlich wurden qualitative Befragungen mit Bewohner*innen durchgeführt.

Ergebnisse

Gemäss der Untersuchung können sich die empfundene Lebensqualität der Wohnumgebung und das Erleben von Verdichtung gegenseitig beeinflussen. Zusätzlich haben gewisse sozioökonomische Faktoren (z.B. der Bildungsabschluss und die Anzahl an Haushaltsmitgliedern) einen leichten Einfluss auf das Empfinden und/oder die Einstellung zur Verdichtung. Besonders deutlich haben die Untersuchungsergebnisse die Unterschiede bezüglich des Erlebens von Verdichtung zwischen den beiden Siedlungen aufgezeigt. In der Erlenmatt Ost-Siedlung war die Einstellung positiver (3.26 vs. 2.60 in der Wohnüberbauung Sesselacker, auf einer Skala von 1=negativ bis 4=positiv) und das Empfinden stärker (2.60 vs. 1.93 in der Wohnüberbauung Sesselacker, auf einer Skala von 1=nicht verdichtet bis 4=stark verdichtet).

Diskussion

Das Zustandekommen der unterschiedlichen Einstellung zur Verdichtung zwischen den Untersuchungsgebieten kann dadurch erklärt werden, dass unter den Bewohner*innen der Siedlungen bestimmte Wertvorstellungen vorherrschen, welche sich jedoch zwischen den Untersuchungsgebieten unterscheiden und die Einstellung zur Verdichtung massgeblich beeinflussen. So wird bspw. das Bestehen eines starken Gemeinschaftsgefühls wie auch von Privatsphäre unterschiedlich gewichtet zwischen den Untersuchungsgebieten: ersteres ist den Befragten der Erlenmatt Ost-Siedlung wichtiger, letzteres denen der Wohnüberbauung Sesselacker. Dies beeinflusst annahmegemäss die Einstellung zur Verdichtung.

Schlussfolgerungen

Die Untersuchung hat gezeigt, wie individuell das Erleben von Verdichtung ist, und dass sozioökonomische Faktoren, die empfundene Lebensqualität des Wohnortes sowie Wertvorstellungen einen Einfluss auf das Erleben von Verdichtung haben können. Zur Steigerung der Akzeptanz von Verdichtung sollte der Mehrwert des verdichteten Wohnens aufgezeigt werden, etwa durch die Schaffung neuer verdichteter Wohngegenden mit hoher Lebensqualität. Den Untersuchungsergebnissen lässt sich entnehmen, dass die Lebensqualität u.a. durch das Einplanen von Grünflächen, Begegnungszonen und Versorgungsinfrastruktur erhöht wird. Zusätzlich können staatliche Massnahmen, zum Beispiel entsprechende Sensibilisierungs-Kampagnen und das Fördern von bezahlbarem verdichteten Wohnraum, zu einer höheren gesellschaftlichen Akzeptanz der Verdichtung beitragen.

 

 

Würdigung durch den Experten

Christian Eichhorn

Annalisa Essl hat mit Ihrer Arbeit «Zusammenleben in Zeiten des verdichteten Wohnens» ein gesellschaftlich relevantes Thema aufgegriffen. Besonders mit dem Fokus darauf, welche Faktoren das Erleben von wohnlicher Verdichtung beeinflussen, ist es Ihr gelungen die individuellen Bedürfnisse der Menschen einzufangen. Mit ihrer Arbeit gelingt es Frau Essl persönliche Erfahrungen von Bewohnenden aus den beiden untersuchten Siedlungen, in den politischen und planerischen Kontext zu setzen. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen können zur aktuellen Debatte einen wertvollen Beitrag leisten.

Prädikat:

gut

 

 

 

Gymnasium am Münsterplatz, Basel
Lehrerin: Esther Felder