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David Berger, 2004 | Jona, ZH
In meiner Maturaarbeit untersuchte ich den Zusammenhang zwischen problematischem Internetgebrauch (PUI), Schlafstörungen und seelischer Gesundheit bei 635 SchülerInnen. Die Ergebnisse zeigen, dass Faktoren wie Medienzeit, Einsamkeit und soziale Ängste Risikofaktoren für PUI sind, während sportliche Aktivitäten schützend wirken. PUI beeinflusst Schlafstörungen, aber nicht direkt die Suizidalität. Eine altersgerechte Förderung der Medienkompetenz in Schule und Familie ist entscheidend und sollte gefördert werden.
Fragestellung
Das Ziel meiner Maturaarbeit ist es, das Medienverhalten und dessen Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen besser zu verstehen und mögliche Zusammenhänge mit dem Schlaf, der Schule, Beziehungen, Freizeit sowie selbstverletzendem Verhalten und Suizidalität zu untersuchen.
Methodik
Die Maturaarbeit untersucht den Mediengebrauch, Schlaf und das seelische Wohlbefinden von 635 SchülerInnen der 4. bis 12. Klasse, basierend auf Fragebögen zu Mediennutzung, Schlafgewohnheiten und psychischer Gesundheit. Nach einer Datenbereinigung aus insgesamt 724 TeilnehmerInnen wurden 635 vollständige Fragebögen für die Analyse verwendet. Mittels standardisierter Fragebögen wurden u.a. problematischer Internetgebrauch (PUI), Schlafprobleme (ISI-Index) und seelisches Wohlbefinden (WHO-Fragebogen) erfasst. Die Auswertung erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS mit verschiedenen Regressionsmodellen.
Ergebnisse
Der Summenwert für PUI lag in der 6. bis 12. Klasse zwischen 0 und 28 (M = 10.23, SD = 6.78). Bei einem Cut-off von 14 Punkten erfüllte rund jede*r Achte (ca. 12 %) die Kriterien für PUI. Einsamkeit und soziale Ängste trugen gemeinsam zu 12 % der Varianz des PUI-Scores bei (R² = .12). Schülerinnen und Schüler mit PUI litten häufiger an ADHS (14.3 %), Depressionen (13 %) und Angststörungen (11.8 %). Ein geringes Maß an sportlichen Aktivitäten erwies sich als signifikanter Faktor (Beta-Koeffizient = –.12, p = .003).
PUI erklärte 11 % der Varianz der Schlafstörungen (ISI-Index), während das Gesamtmodell 38 % der Varianz aufklärte (adjusted R² = .38, p < .005). Schülerinnen und Schüler mit PUI schliefen an Wochentagen kürzer (M = 6.91 Stunden) als jene ohne PUI (M = 7.28 Stunden).
Bezüglich Suizidalität und selbstverletzendem Verhalten (NSSV) ergaben sich bei Jugendlichen mit PUI höhere Raten für Suizidgedanken und NSSV, jedoch war PUI kein direkter Prädiktor für Suizidalität. Einsamkeit (Exp(B) = 2.15, p < .05), hohe Mediennutzung (Exp(B) = 3.73, p < .01) und Risikoverhalten im Internet trugen signifikant zur Vorhersage von Suizidgedanken bei, wobei 47 % der Varianz aufgeklärt wurde.
Diskussion
In meiner Untersuchung zum problematischen Internetgebrauch (PUI) bei 635 SchülerInnen zeigte sich, dass SchülerInnen mit PUI an Schultagen durchschnittlich 4 Stunden täglich Medien konsumieren, was über den empfohlenen Werten liegt. Besonders die Mediennutzung an Schultagen, Einsamkeit und soziale Ängste standen im Zusammenhang mit PUI, während Sport als wichtiger Schutzfaktor identifiziert wurde. Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigten, dass Mädchen eher soziale Medien und Jungen Gaming stärker nutzen. Etwa 20% der SchülerInnen berichteten von einer psychischen Störung, jedoch hatte dies keinen direkten Einfluss auf PUI. Der PUI war mit Schlafstörungen verbunden, wobei nächtlicher Mediengebrauch einen indirekten Einfluss hatte. Allerdings konnte mit meiner Umfrage keine kausale Beziehung zwischen den Faktoren nachgewiesen werden, da es sich um eine Momentaufnahme handelte. Zudem waren die Kriterien für PUI nicht alters- oder geschlechtsspezifisch angepasst, was eine Einschränkung darstellt. Es wurde deutlich, dass Bewegung eine zentrale Rolle für das Wohlbefinden spielt und als präventiver Schutzfaktor gegen PUI sowie Schlafstörungen und psychische Probleme wirkt.
Schlussfolgerungen
In meiner Maturaarbeit habe ich den Einfluss der zunehmenden Mediennutzung auf Jugendliche untersucht. Viele junge Menschen verbringen viel Zeit in der virtuellen Welt, wodurch reale Aktivitäten wie Sport und persönliche Begegnungen vernachlässigt werden können. Diese Aktivitäten sind jedoch entscheidend für das seelische Wohlbefinden und die Entwicklung zur Adoleszenz. Solange Medienkonsum in Massen erfolgt und reale Hobbys und soziale Kontakte nicht beeinträchtigt werden, sind die negativen Auswirkungen gering. Dennoch ist es wichtig, dass Eltern und Schulen klare Regeln und Präventionen entwickeln.
„Die Realität ist nicht das, was wir sehen, sondern das, was wir erleben.“ – wörtliches Zitat von Jean-Paul Sartre, 1943
Würdigung durch die Expertin
Céline Bolliger
David Berger zeigt grosses Engagement in seiner Forschungsarbeit und untersucht fundiert die Auswirkungen des digitalen Medienkonsums auf das seelische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen. Eine Befragung von über 700 Schülerinnen und Schülern liefert wertvolle Erkenntnisse. Besonders hervorzuheben sind die präzise Hypothesenbearbeitung und die aufwendigen statistischen Analysen. Die Arbeit betont die Notwendigkeit eines gesunden Umgangs mit Medien, um reale Erfahrungen nicht zu verdrängen, und gibt wertvolle Empfehlungen für Eltern, Schulen und letztlich die gesamte Gesellschaft.
Prädikat:
sehr gut
Kantonsschule Wattwil
Lehrer: Samuel Willi