Biologie  |  Umwelt

 

Julia Riek, 2004 | Sarnen, OW

 

Der Schwalbenschwanz (Papilio machaon) entscheidet sich während seines Wachstums als Raupe (Larve) oder als Puppe, ob er noch im Herbst desselben Jahres schlüpfen, oder als Puppe überwintern (Diapause), und erst im Frühling des nächsten Jahres schlüpfen soll. In dieser Arbeit wurde in Form von Experimenten untersucht, von welchen äusseren Faktoren diese Entscheidung abhängig ist. Die Ergebnisse zeigen, dass die Entscheidung abhängig von der Tageslänge ist und erst 3 – 4 Tage vor der Verpuppung von der Raupe getroffen wird. Die kritische Tageslänge, bei der bei 50% der Individuen eine Diapause einsetzt, beträgt 14 ¼ +/- ¼ Stunden, was dem Sarner (Alpenraum) Stichtag des 14. August (+/- 5 Tage) entspricht.

Fragestellung

In dieser Arbeit wurde untersucht, inwiefern die Photoperiode und die Umgebungstemperatur entscheidend sind für das Verhalten der Schwalbenschwanzpuppe, im Spätsommer zu schlüpfen oder aber im Puppenstadium zu überwintern (Diapause). Basierend auf Vorversuchen und nach Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Studien wurden die Fragestellungen folgendermassen konkretisiert: (I) Was ist die kritische Photoperiode des P. machaon in Sarnen? (II) Beeinflusst die Temperatur die Entscheidung des P. machaon zur Diapause oder nicht? (III) Existiert ein für den P. machaon für die Diapause empfindliches Stadium, und in welchem Zeitabschnitt seiner Entwicklungsphase befindet sich dieses?

Methodik

Versuchsgruppen mit je ca. 10 Individuen des P. machaon wurden während der Zeit zwischen Schlüpfen der Raupen und Verpuppung verschiedenen Bedingungen ausgesetzt. Die Bedingungen waren verschiedene Tageslängen (13, 13.5, 14, 14.5, 15, 15.5 h hell) unter normal (18 °C) respektive kühleren Nachttemperaturen (8 °C). Zusätzlich wurden vier Gruppen anfangs Langtag-Bedingungen (16 h: 8 h, Tag: Nacht) und dann nach 10, 15, 20 oder 25 Tagen Kurztag-Bedingungen (12 h: 12 h, Tag: Nacht) ausgesetzt. Die Versuchsgruppen sowei die Referenzgruppe wurden alle in separaten selbst gebauten Schmetterlingskästen gehalten und mit frischem Fenchel gefüttert. Die Tiere stammten einerseits aus Wildfang im Garten und andererseits gekauften Eiern (ursprünglich stammend aus Norditalien) von der Firma Smart Bugs.

Ergebnisse

Die kritische Tageslänge, bei der bei 50% der Individuen eine Diapause einsetzt, liegt in einem Übergang zwischen 14 und 14.5 h bei 14 ¼ h, was für Sarnen (Alpenraum) dem Stichtag des 14. August (+/- 5 Tage) entspricht, d. h., dass Raupen des P. machaon, die sich vor dem Stichtag verpuppen noch im selben Jahr schlüpfen werden, während bei den Raupen, die sich erst danach verpuppen die Diapause einsetzt und sie erst im folgenden Frühling schlüpfen. Die Temperatur hat keinen Einfluss auf das Einsetzten der Diapause. Die Entscheidung zur Diapause wird erst 3 – 4 Tage vor der Verpuppung getroffen, wie erstmals gezeigt wurde.

Diskussion

Die erhobenen Daten stimmen einerseits mit den Untersuchungen aus Japan (Shimada, 1983) überein, welche ebenfalls eine kritische Photoperiode von 14 ¼ h ermittelten, unterscheiden sich jedoch von der im Jahr 1977 erhobenen kritische Photoperiode von 16 ¼ h aus Deutschland (Harbich, 1977). Dieser Unterschied lässt sich teilweise durch die unterschiedlichen experimentellen Bedingungen erklären. In Harbichs Arbeit gab es keine Dämmerung, während in den «real World» Versuchen dieser Arbeit jeweils die Raupen einer Dämmerung (ca 40 min) ausgesetzt waren. Auf der Suche nach einer möglichen Erklärung des verbleibenden Unterschiedes und unter der Annahme ähnlicher Vegetationszonen der beiden Studien, wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Verlängerung des phänologischen Sommers aufgrund des Klimawandels zwischen 1977 und 2022 auch den Stichtag des P. machaon nach hinten verschoben hat. Die numerische Rechnung dieses Effekts (18 Tage) würde vollumfänglich die restlichen unterschiedlichen Beobachtungen erklären. Da eine Verlängerung der saisonalen Vegetationszeit für den P. machaon eine längere Zeit, in der er Futterpflanzen findet, bedeuten würde, scheint eine Verschiebung des Zeitpunktes an dem P. machaon seine Fortpflanzungsphase beendet, einleuchtend.

Schlussfolgerungen

Die vorgelegten Experimente und Datenerhebungen erlauben eine quantitative Bestimmung der kritischen Tageslänge des Schwalbenschwanzes zur Diapause. Der Vergleich mit den Datenerhebungen von Harbich zeigen auf, dass der Klimawandel die kritische Tageslänge wesentlich verändert haben könnte. Diese Hypothese könnte durch vergleichbare Experimente in etwa 10 Jahren erhärtet werden.

 

 

Würdigung durch den Experten

Martin Albrecht

Mit ihrer Arbeit hat Julia Riek gezeigt, dass sie eine wissenschaftliche Fragestellung formulieren sowie mit einer geeigneten Methodik und sorgfältig durchgeführten Experimenten analysieren kann, so dass sie schlussendlich zu aussagekräftigen Ergebnissen gelangt. In der Diskussion werden Methodik und Resultate eingeordnet und reflektiert. Die Arbeit hat ein originelles Thema, einen nachvollziehbaren roten Faden, ist verständlich geschrieben und insgesamt ein gelungenes wissenschaftliches Werk.

Prädikat:

hervorragend

Sonderpreis «Stockholm International Youth Science Seminar (SIYSS)» gestiftet von der SJf-Trägerschaft

 

 

 

Kantonsschule Obwalden, Sarnen
Lehrer: Christian Muff