Biologie | Umwelt
Florian Hatt, 2005 | Wetzikon, ZH
In dieser Arbeit wurde das Vorkommen von Wasseramseln an 11 km Bachlauf im Zürcher Oberland erfasst. Damit die Datenaufnahme auch an schlecht einsehbaren Bereichen durchgeführt werden konnte, wurde die Methode der Punktkartierung gewählt, bei welcher an definierten Standorten Präsenz-/Absenzdaten während mehrerer Kontrollgänge erhoben wurden. Mit Site-Occupancy-Modellen wurde die Nachweis- und Vorkommenswahrscheinlichkeit anhand von Habitateigenschaften oder zeitlichen Faktoren geschätzt. Es zeigte sich, dass frühmorgens die besten Chancen bestehen, Wasseramseln nachzuweisen, diese Chancen aber zwischen verschiedenen Phasen der Brutzeit schwanken. Zusätzlich wurde versucht, das Vorkommen anhand von Bachstrukturen an den Standorten vorherzusagen. Mit den Site-Occupancy-Modellen gelang es allerdings kaum, verlässliche Aussagen über den Einfluss dieser Elemente zu treffen. Ein Decision-Tree-Modell als Vergleich lieferte noch unzuverlässigere Resultate. Die Gründe für diese Befunde werden ausführlich diskutiert.
Fragestellung
Ziel der Arbeit war es, herauszufinden, I) ob mit Punktbeobachtungen valide Abschätzungen von Wasseramselvorkommen gelingen, II) ob mathematische Modelle ermöglichen, den Einfluss von Tages- und Jahreszeit auf die Nachweiswahrscheinlichkeit abzuschätzen, III) ob mit den Erkenntnissen die Kartierungsmethode optimiert werden kann und IV) welche Bachstrukturen in einem Modell berücksichtigt werden müssen, sodass dieses präzise Vorhersagen zum Vorkommen von Wasseramseln an einem bestimmten Beobachtungspunkt ermöglicht.
Methodik
Mit einer systematischen Kartierung wurden an definierten Beobachtungspunkten je fünfmal Präsenz-/Absenzdaten von Wasseramseln erfasst. Für die Fragestellungen relevante Umweltfaktoren (Tages-, Jahreszeit und Bacheigenschaften) wurden ebenso aufgenommen. Mit dem Statistikprogramm R konnten danach verschiedene Site-Occupancy-Modelle kreiert werden, welche den Einfluss der Umweltfaktoren auf die Vorkommens- und Nachweiswahrscheinlichkeit schätzen. Diese Modelle wurden verglichen und auf ihre Tauglichkeit geprüft, sodass von den untersuchten Umweltfaktoren die relevantesten ermittelt werden konnten. Anhand der Daten zu Bachstrukturen wurde zudem als Vergleich ein Decision-Tree erstellt, welcher das Vorkommen von Wasseramseln vorhersagen sollte.
Ergebnisse
An 37 von 58 Standorten konnten Wasseramseln gefunden werden. Die errechnete Vorkommenswahrscheinlichkeit betrug 69%. Der Wert der Nachweiswahrscheinlichkeit lag bei 43%. Die Tageszeit beeinflusste diesen Wert aber stark: Bei Sonnenaufgang betrug er 62%, drei Stunden danach nur noch 17%. Der Monat der Begehung spielte auch eine Rolle, im Vergleich zur Tageszeit aber nur eine untergeordnete. Viele Modelle, welche Bachstrukturen berücksichtigten, zeigten entweder undeutliche oder biologisch nicht sinnvolle Zusammenhänge auf. Einzig für die Naturnähe des Ufers konnte tendenziell ein positiver Einfluss auf das Wasseramselvorkommen nachgewiesen werden. Die Aussagekraft des Decision-Trees war ungenügend.
Diskussion
Aufgrund der hohen Gesamt-Nachweiswahrscheinlichkeit gelang es, auch an schlecht einsehbaren Bachabschnitten fast alle tatsächlichen Wasseramselvorkommen zu detektieren. Die Methode der Punktbeobachtungen erwies sich somit als überraschend zuverlässig. Wie stark die Tageszeit die Nachweiswahrscheinlichkeit beeinflusst, war vor dieser Arbeit unbekannt und konnte nun quantifiziert werden. Die Schwankungen der Nachweischancen im Verlauf der Brutsaison lassen sich plausibel mit der Brutbiologie der Wasseramsel erklären. Die Erkenntnisse dieser Arbeit führen zu Vorschlägen, um die Kartierungsmethode zu verbessern. Dass sich der Einfluss der Bachstrukturen nur schlecht modellieren liess, dürfte an der punktuellen Strukturerfassung liegen. Auf diese Weise ist es schwierig, ein repräsentatives Bild des ganzen Bachabschnitts zu erhalten. Nur für Strukturen wie die Naturnähe des Ufers, die entlang des Baches relativ konstant sind, lässt sich auch mit Punktdaten ein repräsentatives Bild gewinnen. Das schlechte Abschneiden des Decision-Trees liegt wohl an seinem strikten Ursache-Wirkungs-Gefüge.
Schlussfolgerungen
Die gewählte Methode der Punktbeobachtungen eignet sich gut für die Kartierung von Wasseramseln. Die Tageszeit hat einen starken Einfluss auf die Nachweiswahrscheinlichkeit. Es lohnt sich also, sehr früh morgens unterwegs zu sein. Bachstrukturen erlaubten in dieser Arbeit kaum zuverlässige Vorhersagen zum Vorkommen der Wasseramsel.
Würdigung durch den Experten
Tobias Roth
Die allermeisten Vogelarten sind scheu, was die Erfassung ihrer Bestände zu einer Herausforderung macht. Neben sehr guten ornithologischen Kenntnissen und passenden Erfassungsmethoden sind moderne statistische Methoden nötig, die berücksichtigen, dass bei den Zählungen nicht alle Individuen entdeckt werden. Nicolas kombinierte diese Elemente in seiner Arbeit über das Vorkommen der Wasseramsel auf eindrückliche Art und Weise. Die Analyse der Daten mit Site-Occupancy Modellen unterstreicht seine innovative Herangehensweise, die reflektierte Diskussion der Ergebnisse ist vorbildlich.
Prädikat:
sehr gut
Kantonsschule Zürcher Oberland, Wetzikon
Lehrer: Hanspeter Siegfried