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Salome Erni, 2001 | Hildisrieden, LU

 

Die Vergangenheit des heutigen «Schlosses Wartensee» in der Luzerner Gemeinde Neuenkirch vereint eine mittelalterliche Burg, ihre Landwirtschaftsbetriebe und ein patrizisches Herrenhaus. Die Literatur zum Schloss Wartensee ist hauptsächlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden und enthält auch widersprüchliche Thesen, besonders zum Mittelalter. Aus diesem Grund wird in der Arbeit in einem ersten Schritt ausgewertet, welche Szenarien im Hinblick auf die Quellenlage als wahrscheinlich gelten können. Die Vergangenheit von Wartensee wird vom 13. bis ins 19. Jahrhundert chronologisch und unter verschiedenen Gesichtspunkten aufgearbeitet. In einem zweiten Schritt werden die Erkenntnisse über beispielsweise die Architektur, die zugehörigen Landwirtschaftsbetriebe oder Handwechsel in einen grösseren historischen Kontext eingearbeitet und es gelingt, geschichtliche Umbrüche anhand von Wartensee aufzuzeigen. Ausserdem werden Überlegungen angestellt, in welcher Form die Geschichte Wartensees publiziert werden könnte.

Fragestellung

Die Wettbewerbsarbeit möchte einen aktualisierten Überblick über den bisherigen Forschungsstand bieten, indem sie Erkenntnisse aus der bestehenden Literatur anpasst, zusammenführt und selbst erarbeitete Thesen einbringt. Mit der Beschreibung des Zeitgeschehens wird diese mikrohistorische Untersuchung in einen grösseren Kontext eingebunden. Ausserdem ging ich in meiner Arbeit der Frage nach, wie das erarbeitete Wissen ansprechend publiziert werden könnte. Um einen Einblick in eine solche Veröffentlichung zu geben, gestaltete ich eine Beispielseite.

Methodik

Zunächst konsultierte ich die Literatur zu Wartensee und verifizierte bzw. überarbeitete die publizierten Thesen anhand des Quellenmaterials, das unter anderem aus dem Staatsarchiv Luzern, der Denkmalpflege und aus Privatbesitz stammt. Neben der Gegenüberstellung lag der Fokus auch auf der Entwicklung eigener Hypothesen. Um mir das nötige Kontextwissen anzueignen, recherchierte ich in Lexika und führte Gespräche mit Historikern. Ausserdem setzte ich mich mit grundsätzlichen Überlegungen zu einer Publikation, beispielsweise Seitengestaltung oder Typographie, auseinander.

Ergebnisse

Auch wenn die Quellenlage zur mittelalterlichen Herrschaft Wartensee dünn ist, gelang es, Szenarien in Bezug zur Burg, ihren Eigentümern und ihrem Verfall zu einer Ruine sowie zur Aufteilung des Hofverbandes zu erarbeiten. Ausserdem konnte im Rahmen der Arbeit aufgedeckt werden, dass sich einige der älteren Hypothesen durch Quellen nur ungenügend belegen lassen. Im Hinblick auf das von Patriziern erbaute Herrenhaus überprüfte ich die Angaben der Sekundärliteratur bezüglich der Besitzerfamilien und setzte mich mit der Architektur des Gebäudes auseinander. Ausserdem beschrieb ich die Landkäufe zur Erweiterung der Herrschaft Wartensee und errechnete den Flächenumfang zu verschiedenen Zeitpunkten.

Diskussion

Die mehr als 700-jährige Geschichte Wartensees steht als Beispiel für gesellschaftspolitischen Wandel. Burg und Gut Wartensee waren in die feudalen Herrschaftsstrukturen des Mittelalters eingebettet und befanden sich im Besitz zweier Niederadelsfamilien. Mit dem Niedergang der Ministerialen hatte Wartensee als mittelalterliche Burg und Verwaltungssitz zwar ausgedient, aber Mitglieder der reichen patrizischen Oberschicht aus der aufstrebenden Stadt Luzern errichteten eine Residenz auf dem Burgstall. Schlussendlich kam Wartensee im Gleichschritt mit dem Untergang des Ancien Régime und der Demokratisierung in die Hände von Landwirten. Um diese Entwicklung aufzuzeigen, eignet sich insbesondere ein gedrucktes Buch in der Art einer Jubiläumsschrift. Sie erlaubt, die beschriebenen Entwicklungen gegliedert und attraktiv aufzuzeigen und lässt genügend Platz für auflockernde Anekdoten sowie weiterführende Erklärungen.

Schlussfolgerungen

Die Arbeit wird ihrem Anspruch gerecht, als Überprüfung und Aktualisierung des bereits vorhandenen Wissens zu Wartensee zu dienen sowie neue Thesen miteinzubinden. Die mikrohistorische Betrachtung von Wartensee erhält eine zusätzliche Relevanz, da die Geschichte der Burg und des Schlosses exemplarisch für grössere historische Zusammenhänge steht. Als Ausblick bietet sich eine mögliche Publikation an, für die mit der Beispielseite und den erarbeiteten Überlegungen bereits Vorarbeit geleistet wurde. Für eine umfassende und ansprechende Veröffentlichung müsste jedoch noch mehr Recherchearbeit in Einzelaspekte wie die Kapelle oder die ehemalige Erziehungsanstalt investiert werden. Ausserdem finden sich möglicherweise weitere (unerschlossene) Primärquellen in Privatbesitz oder Archiven.

 

 

Würdigung durch den Experten

Dr. Stefan Jäggi

Mit ihrer Geschichte von Schloss und Herrschaft Wartensee ist Salome Erni eine abgerundete mikrohistorische Darstellung gelungen. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Forschungslage und den historischen Quellen erlaubten es, die Entwicklung einer kleinen spätmittelalterlichen Adelsherrschaft zum frühneuzeitlichen patrizischen Landsitz und zum bäuerlichen Gut im 19. und 20. Jahrhundert nachzuzeichnen und in die übergeordneten historischen Strukturen einzubetten. Dank der Methodenvielfalt und der ansprechenden Bebilderung ist eine lebendige und gut zu lesende Arbeit entstanden.

Prädikat:

sehr gut

 

 

 

Kantonsschule Beromünster
Lehrer: Matthias Kreher