Mathematik | Informatik
Janis Waser, 2005 | Altdorf, UR
Diese Arbeit beschäftigt sich mit Intonationshilfen für die Geige. Diese sollen helfen, die richtige Tonhöhe vereinfacht zu treffen. Es wurde ein Experiment mit 41 Probanden und Probandinnen durchgeführt, die in Anfänger und Fortgeschrittene eingeteilt wurden. Sie spielten dreimal eine vorgegebene Tonfolge. Dabei wurde einmal ohne Hilfsmittel, einmal mit Klebestreifen und einmal mit Fretten gespielt. Anschliessend wurde die Intonationsgenauigkeit dieser Töne statistisch ausgewertet und geprüft, ob sich die Abweichungen vom Sollwert je nach Hilfsmittel unterscheiden. Es zeigte sich, dass keine Unterschiede zwischen den untersuchten Hilfsmitteln festgestellt werden konnten. Vergleicht man die Intonationsgenauigkeiten der ohne Hilfsmittel gespielten Töne mit den mit Hilfsmitteln gespielten Tönen, so weisen die mit Hilfsmitteln gespielten Töne eine höhere Intonationsgenauigkeit auf. Bei den Fortgeschrittenen ist dies jedoch nur bei Fretten nachweisbar. Anfänger können mit Hilfsmitteln die gleiche Intonationsgenauigkeit wie Fortgeschrittene erreichen, was ohne Hilfsmittel nicht der Fall ist.
Fragestellung
(I) Wie unterscheidet sich die Intonationsgenauigkeit mit normaler Geige, mit Klebestreifen oder Fretten bei Anfängern bzw. Fortgeschrittenen? (II) Welche Methode führt zur besten Intonationsgenauigkeit? (III) Wie unterscheidet sich die Intonationsgenauigkeit zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen mit den verschiedenen Methoden?
Methodik
41 Testpersonen, eingeteilt in Anfänger (22) und Fortgeschrittene (19) spielten auf drei Testgeigen in randomisierter Reihenfolge eine vorgegebene Tonfolge von 10 oder 24 Tönen. Während des 20-minütigen Experiments wurden sie instruiert, durften die Geigen ausprobieren und anschliessend wurde die Tonfolge mit einem Mikrofon aufgenommen. Die Aufnahmen wurden mit Praat in Bezug auf die Tonhöhe (Hz) ausgewertet und anschliessend erfolgte die weitere Datenanalyse in Excel und R mit Cent-Abweichungen vom Sollwert (wohltemperierte Stimmung). Ein Friedman-Test und drei Wilcoxon-Tests mit Bonferroni-Korrektur wurden post-hoc durchgeführt, wobei ein Wilcoxon-Test pro Methode zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen durchgeführt wurde. Für alle Tests gilt als Nullhypothese, dass sich die Verteilungen nicht unterscheiden und als Alternativhypothese, dass Unterschiede bestehen, je nach Fall mit Angabe der Richtung.
Ergebnisse
Bei den Anfängern wurde mit dem Friedman-Test ein p-Wert von 0.014 ermittelt. Zwischen Normal-Kleber respektive Fretten war die Verteilung von der Intonationsgenauigkeit der normalen Geige höher als der anderen beiden (p-Wert 0.00001/ 0.0000036). Zwischen Fretten und Klebern konnte weder bei Anfängern noch bei Fortgeschrittenen ein Unterschied festgestellt werden (p-Wert in beiden Fällen 1). Bei den Fortgeschrittenen wurde beim Friedman-Test ein p-Wert von 0.15 ermittelt, zwischen Normal-Fretten war die Verteilung von der Intonationsgenauigkeit der normalen Geige höher als der anderen beiden (p-Wert 0.031), bei Normal-Kleber konnte dies nicht nachgewiesen werden (p-Wert: 0.18). Mit einer normalen Geige spielen Fortgeschrittene nachweislich besser als Anfänger (p-Wert: 0.0000071). Mit Hilfsmitteln, also Klebern oder Fretten kann hingegen kein Unterschied zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen nachgewiesen werden (p-Wert: 0.14 resp. 0.11).
Diskussion
Es wurde ein nicht-parametrisches Verfahren verwendet, was zwar korrekt erscheint, aber möglicherweise zu einem Signifikanzverlust geführt hat. Die Tests wurden nur mit einer Geige pro Kategorie und nur von Instruktor an einem Ort durchgeführt. Besonderheiten bei diesen Faktoren würden die ganze Messreihe bestimmen oder verfälschen, allerdings wurde bei den Kontrolltönen keine Auffälligkeiten gefunden. Vorurteile konnten leider nicht berücksichtigt werden.
Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse bei den Fortgeschrittenen sind ohne weitere Tests nicht aussagekräftig genug, da die Stichprobe kleiner war und sich die Fortgeschrittenen untereinander stärker unterschieden (Spielerfahrung). Es ist möglich, dass einige der Fortgeschrittenen auch mit Hilfsmitteln genauer gespielt haben als die Anfänger, aber insgesamt ist dies nicht signifikant nachweisbar. Weitere Experimente mit Fortgeschrittenen, auch mit anderem Hintergrund, müssen durchgeführt werden, um endgültige Antworten zu erhalten. Bei den Anfängern zeigten sich jedoch sehr deutliche Ergebnisse, die praktisch nur durch die Fähigkeit zur besseren Intonation mit Hilfsmitteln erklärt werden können. Die Auswirkungen des Langzeitlernens wurden nicht untersucht, dies könnte in einem weiteren Schritt untersucht werden.
Würdigung durch den Experten
Dr. Michaël Dougoud
Die Arbeit konzentriert sich auf eine originelle Analyse und eine angepasste statistische Methodik, um die Auswirkungen von Intonationshilfen beim Erlernen des Violinspiels zu verstehen. Der Kandidat führte eine umfassende Recherche durch, um drei Methoden und zwei Niveaus von Geigenspielern zu vergleichen. Das gewählte Experiment unterstreicht die Validität der erzielten Ergebnisse.
Prädikat:
hervorragend
Sonderpreis «I-FEST²» gestiftet von der SJf-Trägerschaft
Kantonale Mittelschule Uri, Altdorf
Lehrer: Philippe Renevey