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Michel Maeder, 2004 | Evilard, BE

 

Die Schweiz hat durch ihrer vier Sprachregionen vier verschiede Gesellschaften beziehungsweise Kulturen. Die Sprachregionen sind sich je nach Aspekt mehr oder weniger ähnlich. In dieser Maturaarbeit werden die Unterschiede der Comedy zwischen der deutschen, französischen und italienischen Schweiz untersucht. Sie konzentriert sich dabei auf die Comedysendungen «Deville» von SRF, «52 minutes» von RTS und «Il Villaggio di Rete Tre» von RSI, da sie allesamt öffentlich-rechtlich sind und ein ähnliches Zielpublikum haben. Die Maturaarbeit stützt sich neben kulturtheoretischen Konzepten von Komik auf eine selbst konzipierte Umfrage, in der Ausschnitte dieser Sendungen bewertet wurden. Zudem werden ausführliche selbstgeführte Interviews mit diversen Comedians miteinbezogen. Dass sich die Comedy zwischen den Sprachregionen möglicherweise weniger inhaltlich, jedoch eher zeitlich unterscheidet, kann als wichtigstes Ergebnis gewertet werden. Das heisst, die Comedy befindet sich stets im Wandel, wobei eine Sprachregion der andern folgt und deren Formen übernimmt.

Fragestellung

Das Ziel war es, sich mit den Unterschieden zwischen der deutschen, französischen und italienischen Schweiz auseinanderzusetzen und sie von Seiten der Comedy zu betrachten. Die Comedy widerspiegelt sich in allen Situationen des Lebens und wird dadurch geprägt. So findet man in ihr stets auch gesellschaftliche und politische Aspekte. Die Fragestellungen lauteten daher: (I) «Wie unterscheidet sich die Comedy zwischen der deutschen, französischen und italienischen Schweiz?» und (II) «Ist die Comedy zwischen der deutschen, französischen und italienischen Schweiz vereinbar, das heisst, funktioniert eine Pointe der deutschen Schweiz auch in der französischen und italienischen Schweiz?»

Methodik

Da es sich bei der Komik und der Comedy um enorm grosse Gebiete mit verschiedensten Formen handelt, beschränkt sich diese Arbeit hauptsächlich auf die Comedysendungen «Deville» von SRF, «52 minutes» von RTS und «Il Villaggio di Rete Tre» von RSI. Ursprünglich basierte die Arbeit auf drei Faktoren: Eine Umfrage mit verschiedenen untertitelten Ausschnitten der drei Comedysendungen ermittelt die Wahrnehmungen und die Empfindungen des Publikums. Weiter wurden Interviews mit den Comedians Gabriel Vetter und Michelle Kalt von «Deville», Vincent Kucholl und Vincent Veillon von «52 minutes», Paolo Guglielmoni, Joas Balmelli und Nicolò Casolini von «Il Villaggio di Rete Tre» und der Clownin Gardi Hutter geführt. Diese Interviews repräsentieren die Wahrnehmung der Comedians und dienen teils als Informationsquellen. Die geplante Kategorisierung nach Art der Pointe, Thema, Täter und Opfer wurde verworfen, da es sich dabei um eine Methode für exakte Wissenschaften handelt, während die Comedy ein gesellschaftliches Phänomen ist.

Ergebnisse

Die Umfrage zeigt, dass die Sendungen «Deville» und «52 minutes» von den Zuschauern ähnlich gut aufgenommen werden. Ihr Tessiner Pendant «Il Villaggio di Rete Tre» schneidet unwesentlich schlechter ab. Grundsätzlich beurteilen die Publika aller drei Sprachregionen die Ausschnitte ähnlich. Selbstverständlich gibt es einige Ausschnitte, welche je nach Sprachregion anders beurteilt werden als in den übrigen Sprachregionen. Ob dies mit fehlendem Interesse gegenüber «den Anderen», der Sprachbarriere oder sonstigen Faktoren zusammenhängt, darüber kann nur spekuliert werden. Die Interviews legen nahe, dass die Comedyszenen dieselben Formen zeitlich verschoben benutzen, sich inhaltlich aber weniger unterscheiden. Obwohl die Formen der Comedy somit nicht direkt dieselben sind, wäre eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit theoretisch nicht ausgeschlossen. Das grösste Hindernis ist die Sprache.

Diskussion

Die Fragestellungen wurden beantwortet, aber die These, dass die Comedyszenen zeitlich verschoben sind, wirft ein neues Licht auf die Fragestellungen. Wenn diese These bestätigt würde, wäre dies der Beweis, dass sich die Comedyszenen nicht fundamental unterscheiden und sich gar gegenseitig inspirieren. Gegenseitige Vorurteile, mangelndes Wissen betreffend die anderen Sprachregionen und vor allem die Sprachbarrieren sind in den Ergebnissen zu berücksichtigen. Zudem kann auch die Wahl der Comedyausschnitte die Umfrage beeinflussen.

Schlussfolgerungen

Diese Arbeit ist in erster Linie ein Anstoss für umfassendere und diversere Untersuchungen der Comedyszenen in der Schweiz. Da die Comedy stets ein Abbild der gesellschaftlichen und politischen Situation ist, kann diese Arbeit aber auch als Anstoss für eine engere Zusammenarbeit zwischen den Schweizer Sprachregionen dienen – nicht nur mit Blick auf die Unterhaltungsbranche.

 

 

Würdigung durch den Experten

Dr. Malte Völk

Michel Maeder widmet sich mit grossem Forscherdrang einem originellen Thema, das er anspruchsvoll durchdacht ausgestaltet und als anregende, spannende Lektüre präsentiert. Comedy scheint leicht zugänglich, offenbart jedoch im wissenschaftlichen Blick ihre volle kulturelle und gesellschaftliche Tragweite – was zugleich den hohen Schwierigkeitsgrad einer Arbeit wie dieser begründet. Sie beeindruckt durch Vielseitigkeit und Komplexität, meistert die grosse Materialfülle souverän und gelangt zu eigenständigen Ergebnissen, die höchst interessant sind und weiterführende Untersuchungen herausfordern.

Prädikat:

sehr gut

Sonderpreis für junge Linguisten und Linguistinnen, gestiftet von der Schweizerischen Sprachwissenschaftlichen Gesellschaft SSG/SSL

 

 

 

Gymnasium Biel-Seeland, Biel/Bienne
Lehrerin: Iris Meier