Gestaltung | Architektur | Künste
Luc van Doornick, 2003 | Nänikon, ZH
Grundlage der vorliegenden künstlerischen Maturitätsarbeit sind zwei Ausführungen, eine Erstversion und eine Revision als Hauptprodukt, selbst komponierter Filmmusik-Partituren mit beigelegten Demo-Versionen zu dem preisgekrönten Kurzfilm «The Foundling». In dem sechsminütigen britischen Drama von 2010, Regie Barney Cokeliss, geht es um einen als Baby ausgesetzten jungen Mann mit einer seltenen Missbildung, der in den 1930ern in England zur Zirkusattraktion wird. Die erste Version wurde im Bestreben, diese unter möglichst professionellen Bedingungen erstellen zu können, nach den Vorgaben und offiziell im Rahmen des renommierten Internationalen Filmmusikwettbewerbs des Zürcher Filmfestivals 2022 (mit 218 Teilnehmern aus 42 Ländern) erschaffen. Im Anschluss wurde der Lernprozess analysiert und anhand der Erkenntnisse die zweite, überarbeitete und optimierte Version gefertigt. Nach einem kurzen theoretischen Teil und einer Einführung in die Historie und wichtigsten Grundlagen und technischen Voraussetzungen zum Komponieren eines Film-Scores werden innerhalb der Arbeit die Lösungen der finalen Fassung analysiert und erläutert. Die wichtigsten Erkenntnisse werden darüber hinaus genauer reflektiert, beide Versionen werden miteinander verglichen und im Fazit als Ergebnis Grundprinzipien für das Komponieren abgeleitet.
Fragestellung
Wie komponiert man eine sinnvolle, wirkungsstarke Filmmusik für sinfonisches Orchester?
Methodik
Angefangen mit dem Ansehen von verschiedenen Filmen und dem Lesen von theoretischen Büchern, begann ich schnell den vom Wettbewerb vorgegebenen Film zu analysieren. Durch Improvisation am Klavier gab es erste Versuche die Handlung zu untermalen und schliesslich erstellte ich eine Klavierskizze. Um das Ziel eines sinfonischen Filmscores zu erreichen musste diese erste Klavierfassung orchestriert und ein Mockup, eine digitale erstellte Version mit virtuellen Instrumenten, kreiiert werden. Mehrere Monate später entschied ich mich die Erstfassung umfassend zu revidieren – eine weitere Partitur sowie ein Mockup entstanden daraus.
Ergebnisse
Finales Ergebnis der Arbeit ist eine umfangreich revidierte, optimierte Fassung meines selbst komponierten Filmmusik-Scores zu dem preisgekrönten Kurzfilm «The Foundling» (Das Findelkind). Ausserdem enthält die Arbeit die Erstfassung, die im Rahmen des ZFF-Filmmusikwettbewerbs erstellt wurde. Von beiden Versionen ist eine Orchesterpartitur sowie der Film mit dem jeweiligen Audio beigelegt.
Diskussion
Auch wenn ich nicht gewonnen habe, war die Entscheidung für den internationalen Filmkompositions-Wettbewerb als Basis meiner Maturitätsarbeit aus heutiger Sicht richtig. So konnte ich unter anderem nicht nur meine eigenen musikalischen Lösungen vergleichen, sondern hatte auch zwei professionelle Vorbilder als Messlatte, anhand derer ich meinen künstlerischen Ansatz für mich gewinnbringend reflektieren konnte. Ich bin für die gesammelten Erfahrungen im Rahmen dieser Maturitätsarbeit sehr dankbar und froh, dass ich diese zum Abschluss meiner Schulzeit im Rahmen des Kunst- und Sportgymnasium erstellen durfte. Da ich weiterhin von Komposition fasziniert bin und sogar ein Kompositionsstudium neben meinem Klavierstudium an der ZHdK erwäge, ist und bleibt für mich diese Arbeit eine wichtige und wertvolle Inspirationsquelle.
Schlussfolgerungen
Eine Filmkomposition ist sehr anspruchsvoll in vielerlei Hinsicht. Neben den erforderlichen, komplexen musiktheoretischen Kenntnissen kann und darf ein Filmkomponist nicht nur wiedererkennbare gute Musik schreiben, sondern muss sich seiner Funktion bewusst sein und sich dabei einem anderen künstlerischen Werk, dem jeweiligen Film, zweckdienlich unterordnen. Weniger ist oft mehr. Manchmal ist Stille und Schlichtheit wirkungsvoller als vordergründige musikalische Brillanz und Effekthascherei. Beim Abmischen ist ausserdem deutlich geworden, dass in der Filmmusik nicht die Dynamik an sich, sondern die Orchestration das Empfinden von Lautstärke und Dramatik ausmacht. Auch für die Filmmusik ist dramaturgisches Handwerk wesentlich. Als eine Art zusätzlicher Erzähler muss sich der Filmkomponist generell über seine eigenen Haltungen zu der Thematik des Films sowie den Figuren bezüglich ihrer Emotionen und Motive bewusst werden, denn die kompositorische Umsetzung beeinflusst die Wirkung des Films auf Zuschauer massgeblich mit. Übung macht den Meister. Bereits durch diese ersten Erfahrungen habe ich einen grossen filmkompositorischen Sprung gemacht. Gleichzeitig ist mir bewusst geworden, wie viel ich noch lernen kann und warum ein Filmkompositions-Studium mehrere Semester dauert.
Würdigung durch den Experten
Olav Lervik
In der Musik werden Theorie und Praxis leider zu oft getrennt wahrgenommen. Dabei haben sie doch sehr viele Ansätze, die sich gegenseitig befruchten können. Gerade diesen Aspekt hebt Luc Van Doornick in seiner Arbeit auf vorbildliche Weise hervor. Somit konnte er nicht nur seine schon gute Vertonung eines Filmes auf ein professionelles Level bringen, sondern auch die Reflexion auf den Weg dahin klar artikulieren. Sein Umgang mit allen Facetten der Technik von der Konzeption, Komposition, Dramaturgie bis hin zur Orchestration und digitalen Produktion ist gekonnt und absolut beeindruckend.
Prädikat:
hervorragend
Sonderpreis vom Lucerne Festival
Rämibühl-MNG, Zürich
Lehrer: Martin Schmid