Biologie | Umwelt
Arina Sprecher, 2005 | Rapperswil-Jona, SG
Obwohl in der Schweiz Unklarheit herrscht, welche Unterarten von Thalictrum simplex wo vorhanden sind, werden die verschiedenen Subspezies unterschiedlich stark von Bund und Kantonen geschützt. In der vorliegenden Arbeit zu Thalictrum simplex wurde das Ziel verfolgt, eine auf zytologischen und morphologischen Eigenschaften abgestützte Bestimmung der Unterarten in der Schweiz durchzuführen. Dabei wurden die Blattformen der Pflanzen untersucht, welche bisher das ausschlaggebende Merkmal für die feldbotanische Bestimmung war. Andererseits wurde versucht, die Unterarten mittels Flow Cytometrie voneinander zu unterscheiden. Überraschenderweise konnte damit aufgezeigt werden, dass in der Schweiz nur eine einzige Polyploidiestufe vorhanden ist. Gleichzeitig konnte eine hohe Varianz in der Blattform beobachtet werden, die jedoch unabhängig von der geografischen Lage auftritt. Die Resultate lassen darauf schliessen, dass in der Schweiz nur eine Unterart vorkommt. Diese besitzt jedoch ein sehr diverses Erscheinungsbild. Mit dieser Entdeckung konnte eine wichtige Grundlage für die systematische Neubeurteilung der Art Thalictrum simplex in der Schweiz geschaffen werden.
Fragestellung
Das Ziel dieser Untersuchung war es, herauszufinden, welche Subspezies der Art Thalictrum simplex wo in der Schweiz vorhanden sind (I). Dazu wurden zwei Merkmale besonders in den Fokus genommen. Zum einen wurde die geographische Verteilung der unterschiedlichen Blattformen betrachtet (II), zum anderen wurde mittels Flow Cytometrie untersucht, welche Polyploidiestufen die einzelnen Individuen aufweisen (III). Zusätzlich wurden die Pflanzen auf weitere mögliche Unterscheidungsmerkmale wie die Grösse, die Blattdicke und den Durchmesser der Pollenkörner untersucht (IV).
Methodik
Die Genomgrösse wurde mithilfe der Flow Cytometrie bestimmt. Nach einigen Vorversuchen wurde hierfür DNA aus kleinen Blattstücken die Zellkerne extrahiert und mit einem fluoreszierenden Farbstoff angefärbt. Anhand des emittierten Lichts nach einer kurzen Bestrahlung konnte die Menge an Erbgut gemessen werden. Für die Bestimmung der Blattformen wurde eine Foto-Vorrichtung verwendet, wodurch die Blätter immer flach fotografiert werden konnten, dabei aber keinen Schaden nahmen. Um die Blattformen zu quantifizieren, wurden die Fotos der zweitobersten Blätter in schwarz-weiss Bilder umgewandelt, sodass ein hierfür geschriebenes Programm die Kreisförmigkeit anhand der Konturen ermitteln konnte. Zusätzlich wurden Versuche an selbst konservierten Pollenkörnern und angefärbten Chromosomen durchgeführt.
Ergebnisse
Die Blattanalyse ergab, dass alle für die drei möglichen Unterarten erwarteten Blattformen in der Schweiz vorkommen. Deren geografische Verteilung ist jedoch bis auf Skalen von weniger als einem Meter zufällig. So konnten beide Extreme nur wenige Meter voneinander gefunden werden, in anderen Gebieten konnten nur Mischformen nachgewiesen werden. Dasselbe gilt für die anderen morphologischen Parameter. Einzig bei der Grösse kann vermutet werden, dass diese von der umgebenden Vegetation abhängig ist. Die Genomgrössenanalyse mittels Flow Cytometrie ergab, dass die untersuchten Pflanzen alle die gleiche Menge an DNA aufweisen. Das bedeutet, dass nur eine Polyploidiestufe gefunden werden konnte. Mithilfe von mitgemessenen Referenzarten konnte bestimmt werden, dass es sich hierbei um eine Oktaploidie (8n) und dementsprechend Thalictrum simplex ssp. simplex handelt.
Diskussion
Die morphologischen Untersuchungen zeigen, dass alle erwarteten Blattformen in der Schweiz vorkommen. Allerdings zeigen sowohl die Blattformen als auch die weiteren gemessenen Parameter keine Korrelation mit den kleinskaligen Standorten der Pflanzen, was gegen die ursprüngliche These mit drei Unterarten spricht. Ebenfalls gegen das Konzept der drei Subspezies in der Schweiz spricht, dass mit der Flow Cytometrie nur eine Polyploidie bei den untersuchten Individuen nachgewiesen wurden. Dabei handelt es sich um eine Oktaploidie (8n). Deshalb ist davon auszugehen, dass in den untersuchten Gebieten nur die oktaploide Unterart Thalictrum simplex ssp. simplex vorhanden ist. Diese weist aus bisher unbekannten Gründen stark unterschiedliche Blattformen auf.
Schlussfolgerungen
Die bisherige Annahme, dass in der Schweiz drei Unterarten der Art Thalictrum simplex vorkommen, konnte mit dieser Studie als nicht wahrscheinlich eingestuft werden. Stattdessen sind aufgrund der Resultate eine systematische Neubewertung und eine neue Gefährdungsanalyse der wahrscheinlich einzigen in der Schweiz vorkommenden Unterart erforderlich.
Würdigung durch den Experten
Philippe Juillerat
Arina hat einen Artenkomplex von stark gefährdeten und besonders schwer identifizierbaren Pflanzen untersucht. Die Arten können jedoch anhand der Größe ihres Erbguts unterschieden werden, was Arina–erstmals für diese Arten in der Schweiz–mittels Flowzytometrie gemessen hat. Weiter wurden die wichtigsten äußeren Unterscheidungsmerkmale mittels innovativer Bildverarbeitungsmethoden quantifiziert. Die Arbeit zeichnet sich durch eine hohe wissenschaftliche Genauigkeit aus, die Messungen wurden systematisch wiederholt und die Ergebnisse im Licht der neuesten wissenschaftlichen Studien diskutiert.
Prädikat:
sehr gut
Sonderpreis der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL)
Kantonsschule Wattwil
Lehrer: Dr. Rolf Heeb