Mathematik  |  Informatik

 

Joshua Stalder, 2003 | Eschenbach, LU

 

Für viele Anwendungen am Computer ist eine Maus unverzichtbar. Diese Arbeit zeigt, inwieweit ein Smartphone den Funktionsumfang einer herkömmlichen Maus abdecken kann. Zur Erfassung der Bewegung werden die Daten der in einem Smartphone eingebauten Beschleunigungs- und Gyrosensoren verwendet. Die gemessenen Daten werden in mehreren Schritten aufbereitet und daraus die zurückgelegte Strecke berechnet. Die Maustasten und das Mausrad sind auf dem Touchscreen des Smartphones nachgebildet. Schlussendlich werden die gesammelten Mausdaten über Bluetooth an den verbundenen Computer übermittelt.

Fragestellung

Kann eine App entwickelt werden, welche ein herkömmliches Android-Smartphone als Computermaus nutzbar macht?

Methodik

Die Bewegung des Smartphones wird mithilfe der Daten des Beschleunigungssensors und Gyroskops bestimmt, da diese Sensoren in den meisten Smartphones verbaut sind. Grundsätzlich kann mit den Beschleunigungswerten durch zweifache zeitliche Integration die zurückgelegte Strecke ermittelt werden. Dabei müssen jedoch mehrere Störfaktoren und Fehler unterdrückt oder kompensiert werden. Der wichtigste Störfaktor ist die Gravitation. Da ein Smartphone nie absolut horizontal liegt, ist auf allen Beschleunigungsachsen ein Teil der Gravitation vorhanden. Diese Teile sind nicht konstant, da sie von der aktuellen Lage des Smartphones abhängen, die sich während der Nutzung ständig verändert. Deshalb wird die Gravitation gemessen, wenn der Benutzer das Smartphone nicht bewegt. Dieser gemessene Gravitationsvektor wird anschliessend während einer Bewegung mithilfe der Rotationsdaten vom Gyroskop rotiert und so die aktuelle Gravitation ermittelt. Zusätzlich werden durch die erste Integration der Beschleunigung zur Geschwindigkeit kleine Fehler in den Beschleunigungsdaten kumuliert, so dass konstante Fehlgeschwindigkeiten entstehen. Um diesen entgegenzuwirken, setzt die Verarbeitung die Geschwindigkeit nach einer Bewegung umgehend auf null zurück. Die Maustasten und das Mausrad werden über den Touchscreen realisiert. Mit Feedback per visueller Hervorhebung und per Vibration wird die Nutzung der App erleichtert. Übermittelt werden die gesammelten Mauseingaben schlussendlich über das Bluetooth HID Profil. Dieses ermöglicht es, dass die App mit jedem Computer verbunden werden kann, ohne dass dieser spezielle Software benötigt.

Ergebnisse

Bei der App als Endprodukt muss zwischen zwei Versionen unterschieden werden: Die erste Version entstand Ende Maturaarbeit im Jahr 2021, die zweite nach der Verbesserung für SJF zu Beginn 2023. In der Verbesserungsphase wurde die Signalverarbeitung neu entwickelt. So ist die neuere Version, welche hier beleuchtet wurde, deutlich näher an einem nutzbaren Produkt. Viele Bewegungsarten, die in der ersten Version zu unkontrolliertem Verhalten des Mauszeigers führten, werden mit der neuen Version nun besser erfasst. Dazu gehören sehr langsame Bewegungen, aber auch rasches Hin- und Herbewegen, um beispielsweise den Mauszeiger zu finden.

Diskussion

In der App konnte von der ersten zur zweiten Version eine grosse Genauigkeitserhöhung erzielt werden. Dies hat den Grund, dass in der neuen Version die Rotation des Smartphones während der Bewegung auch bei der Streckenberechnung miteinbezogen wird. Zusätzlich ist die Erkennung, ob sich das Smartphone bewegt, viel robuster. Dadurch ist das Zurücksetzen von Drift effektiver. Dennoch kann die App noch nicht mit herkömmlichen Mäusen mithalten. Deren Bewegungserfassung weist eine sehr hohe Genauigkeit, Zuverlässigkeit und auch Konsistenz auf. Im Vergleich dazu können Bewegungen, welche von der App nicht ganz korrekt erfasst werden, zu einem frustrierenden Benutzererlebnis führen.

Schlussfolgerungen

Basierend auf den Ergebnissen ist es möglich, ein Smartphone als Computermaus nutzbar zu machen. Leider ist die in der App verwendete Methode zur Bewegungserfassung noch zu ungenau, um im Alltag einen kompletten Mausersatz zu ermöglichen. Die aktuelle Signalverarbeitung kann noch weiter verbessert und verfeinert werden. Jedoch stellt sich die Frage, ob die Genauigkeit, die in verschiedenen Praxisszenarien erwartet wird, erreicht werden kann.

 

 

Würdigung durch den Experten

Stephan Roth

Seine Idee das Smartphone als Mausersatz zu verwenden, setzte Joshua Stalder mit viel Elan und Fantasie um. Mit Begeisterung eignete er sich das benötigte Technologiewissen selbständig an. Die sauber strukturierte Arbeit stellt die erarbeiteten Lösungen klar verständlich dar und zeigt das Potential für die weitere Entwicklung auf. Die erstellte Smartphone-Applikation überzeugt durch den simplen Verbindungsaufbau mit einem Computer und die einfache Handhabung. Mit der erreichten Genauigkeit der Mausbewegungen lassen sich Computer-Programme prinzipiell mit dem Smartphone als Mausersatz bedienen.

Prädikat:

sehr gut

 

 

 

Kantonsschule Seetal, Baldegg
Lehrer: Urs Meier