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Maurice Zimmermann, 2006 | Staufen, AG
Diese Arbeit analysiert den Wechsel des Referenzzinssatzes LIBOR zum SARON. Der LIBOR wurde über Jahrzehnte weltweit als wichtiger Zinssatz verwendet, geriet jedoch wegen Manipulationen durch Banken in Verruf. In der Folge wurde der SARON als neuer Referenzzinssatz eingeführt, der durch eine robustere Berechnung eine höhere Zuverlässigkeit bieten soll. Die Antworten zu den Fragestellungen werden mittels Literaturrecherchen, Experteninterviews und Marktanalysen erarbeitet. Die Ergebnisse zeigen, dass der Wechsel zum SARON die Transparenz erhöht hat und Manipulationsmöglichkeiten nahezu ausgeschlossen wurden. Gesamthaft hat sich der Wechsel für Endkunden positiv ausgewirkt. Der Wechsel hatte wenig Einfluss auf die Finanzmärkte, jedoch kurzfristige Schwankungen bei Hypothekarzinsen zur Folge.
Fragestellung
In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wie sich die Transparenz beim Wechsel vom LIBOR zum SARON verändert hat. Zudem befasst sich die Arbeit mit folgenden Nebenfragen: (A) Worin bestehen die Unterschiede des CHF LIBOR zum SARON? (B) Was bedeutete dieser Wechsel für die Schweizer Finanzmärkte? (C) Sind Skandale und Unregelmässigkeiten auch beim SARON möglich? (D) Wie funktioniert ein solcher Referenzzinssatz spezifisch auf Hypotheken bezogen?
Methodik
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden verschiedene Methoden kombiniert. Zunächst erfolgte eine Analyse der Struktur, Berechnung und Anwendung von LIBOR und SARON auf Basis bestehender Literatur und öffentlich zugänglicher Finanzberichte. Danach wurden sechs Experteninterviews mit Fachleuten aus Banken, Finanzinstituten und der Wissenschaft geführt. Diese wurden systematisch ausgewertet und mit den Erkenntnissen aus der Literatur verglichen. Ergänzend wurden Marktanalysen durchgeführt, um Entwicklungen der Zinssätze im direkten Vergleich zu beobachten.
Ergebnisse
Die Untersuchung ergab 6 wesentliche Unterschiede zwischen LIBOR und SARON:
Qualität: Der SARON basiert ausschliesslich auf realen Transaktionen und verbindlichen Quotes, während der LIBOR auf Bankenschätzungen und nicht überprüfbaren Transaktionen beruhte. Quantität: Beim SARON wird die Handelsaktivität von bis zu 160 Banken und Versicherungen berücksichtigt, beim LIBOR waren es nur 11 bis 17 Banken. Geldmarkt: Der SARON bezieht sich auf den besicherten, der LIBOR auf den unbesicherten Geldmarkt. Berechnung: Der LIBOR wurde durch eine externe Organisation mit Meldedaten berechnet, der SARON wird zentral durch die SIX Group bestimmt. Laufzeiten: Der LIBOR existierte in sieben verschiedenen Laufzeiten, während der SARON nur als Tageszins existiert. Es existieren jedoch SAR-Rates in weiteren Laufzeiten. Für die Bestimmung eines 3M-Zins, der für Geldmarkthypotheken angewandt wird, wird der SARON aufgezinst und der sogenannte Compounded SARON gebildet. Manipulationsrisiko: Während der LIBOR durch Schätzungen oder nicht überprüfbaren Transaktionen manipulierbar war, erschwert die auf realen Transaktionen basierende SARON-Berechnung eine Manipulation erheblich. Zudem melden die Banken die Transaktionen nicht mehr selbst. Die SIX hat direkten Zugriff.
Die Finanzmärkte reagierten kaum auf den Wechsel, und auch die Margen von Hypotheken haben sich innerhalb zwei oder drei Monate stabilisiert.
Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Transparenz durch den Wechsel verbessert hat. Durch die zentrale Berechnung von der SIX und die Nutzung realer Transaktionen wurde das System robuster, weniger anfällig für Manipulationen und deshalb sicherer für Endkunden, obwohl sich die Transparenz für sie theoretisch verringert hat. Die Transaktionsdaten sind nicht mehr öffentlich zugänglich. Das Risikoprofil von Geldmarkthypothekarzinsen hat sich leicht verändert: Während Kunden beim LIBOR ihren Hypothekarzins für eine Laufzeit im Voraus kannten, werden sie beim SARON nachträglich berechnet. Trotz dieser Nachteile wird der SARON von den Experten als vertrauenswürdiger und zuverlässiger beurteilt.
Die gewählten Methoden zur Beantwortung der Fragestellungen haben sich als geeignet herausgestellt. Mit weiteren Experteninterviews z. B. mit der SNB oder der FINMA und mit dem Academic-Agreement von der SIX hätten die Resultate qualitativ und quantitativ weiter vertieft werden können.
Schlussfolgerungen
Der Wechsel vom LIBOR zum SARON hat sich als sehr positiv erwiesen. Die Transparenz wurde deutlich verbessert, und das Risiko für Manipulationen und somit für einen weiteren Skandal, ist erheblich gesunken. Während Endkunden strenggenommen eine geringere Transparenz wahrnehmen, stellt der SARON insgesamt dennoch eine robustere Alternative zum LIBOR dar.
Würdigung durch den Experten
Dr. Christian Myohl
Maurice Zimmermann liefert eine detaillierte Analyse der Ablösung des CHF-Libor als Referenzzinssatz durch den SARON. Die Notwendigkeit eines neuen Referenzzinssatzes als Folge des Libor-Skandals wird ausführlich erläutert. Zudem wird untersucht, inwiefern der SARON die Schwächen des Libor behebt und welche Auswirkungen die Umstellung auf Zinssätze von Geldmarkthypotheken hat. Experteninterviews, Literaturrecherchen und Datenanalysen beantworten die Fragen vielschichtig und fundiert. Die Arbeit zeugt von einem grossen Interesse am Thema sowie einer reifen und durchdachten Herangehensweise.
Prädikat:
gut
Alte Kantonsschule Aarau
Lehrer: Jürg Hörner