Physik  |  Technik

 

Alexander Bannwart, 2004 | Wilen, OW

 

Rudern ist eine Sportart, bei deren Ausübung man nicht in Fahrtrichtung blickt. Hindernisse auf dem Wasser vor dem Boot können meistens nur sehr spät von den Rudernden wahrgenommen werden. Dadurch besteht die Gefahr von Kollisionen. Ein Ruderer kann mit einer Drehung seines Kopfes – je nach individueller Mobilität – einen Winkel bis zu ± 120° einsehen, somit verbleibt ein toter Winkel von 120° in Fahrtrichtung. Ein noch in Entwicklung befindliches Kollisionswarngerät (Rowcus) soll Hindernisse in diesem toten Winkel erkennen und die Rudernden mit einem akustischen Signal warnen. Der Rowcus sendet dazu ein Radarsignal aus, das von den Hindernissen reflektiert und wieder von ihm empfangen und verarbeitet wird. Die im Prototyp eingesetzte Radarlinse erfüllt die Ansprüche der Entwickler noch nicht – sie ist einerseits in der Herstellung zu aufwändig und andererseits von ihren Ausmassen her noch zu gross. Im Rahmen dieser Maturaarbeit wurde für das Kollisionswarngerät eine Linse entwickelt, die bei der Bündelung der Radarstrahlen den höchst möglichen Antennengewinn bringt, kompakt genug für den Rowcus ist und zugleich kostengünstig in einem 3D-Druckverfahren herstellbar ist.

Fragestellung

Kann mit einem einfachen und günstigen Verfahren eine Linse für das Kollisionswarngerät Rowcus hergestellt werden, welche ähnliche Resultate beim Antennengewinn erreicht, wie eine teure Linse?

Methodik

Bei der Entwicklung der optimalen Radarlinse wurde ein iteratives Vorgehen gewählt. In mehreren Zyklen wurden verschiedene Linsen nach der Linsengleichung berechnet und gezeichnet. Anschliessend wurden sie mit einem 3D-Drucker (Prusa mini) gedruckt. Für die Messungen wurde ein spezielles Testsetting entwickelt, welches valide Resultate für die Messung der Reflexionswerte in dB liefern konnte. Die Radarsignale wurden von einem TI-AWR1642-Board erzeugt und mit der Software mmWave analysiert. Die vier Phasen (Berechnen und Zeichnen, Drucken, Testen, Analysieren) wurden jeweils viermal durchlaufen.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 29 Linsen entwickelt, gedruckt und getestet. 14 Linsen wurden mit derselben Anfangsgeometrie zur Bestimmung der besten Druckparameter angefertigt. Davon ausgehend wurden 11 Linsen zur Optimierung der Geometrie hergestellt und vier weitere für die Bestätigung der finalen Geometrie getestet. Die optimale Radarlinse ist eine kompakte, sichelförmige Linse und bringt den höchsten Gewinn bei der Bündelung der Radarstrahlen. Mit ihr wurden Reflektionswerte von 71.9 dB gemessen und sie erreicht damit einen Antennengewinn von 10 dBi.

Diskussion

Für die Erstellung der optimalen Linse sind insgesamt fünf Druckphasen und acht Testreihen durchgeführt worden. Durch wiederholte Verbesserungen der Druckparameter und der Linsengeometrie konnten die Radarstrahlen so gebündelt werden, dass sich die Reichweite des Radars bei Verwendung der optimalen Linse Nr. 28 um den Faktor 1.7 erhöht. Mit diesem deutlichen Antennengewinn reicht sie bis auf 1.3 dBi an die teure Linse heran, womit auch weiter entfernte Objekte gut erkannt werden können. Das Testsetting erfüllt die Gütekriterien der Validität und Reliabilität. Bei Wiederholungsmessung mit der Linse Nr. 28 wurden praktisch identische dB-Werte bzw. dBi-Werte erreicht. Das 3D-Druckverfahren eignet sich sehr gut für die kostengünstige serienmässige Produktion der Radarlinsen.

Schlussfolgerungen

In dieser Arbeit wurde der gesamte Entwicklungsprozess für die Produktion einer optimalen Radarlinse durchlaufen. Dies beinhaltet die Auswahl des Druckmaterials, die Definitionen der Druckparameter, den Druck der Linsen, die Berechnungen der Linse bis hin zum Bau des Testsettings und dem Durchführen der Tests. Speziell der Bau des Testsettings war sehr aufwändig, um alle Testkriterien zu erfüllen. Der iterative Prozess mit den vier Produktionszyklen führte schliesslich zum Erfolg. Die entwickelte Linse bringt einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Kollisionswarngerätes. Es hat sich gezeigt, dass die Linse mit einem 3D-Druckverfahren hergestellt werden kann, wodurch sich die Herstellungskosten verringern. In einem nächsten Schritt kann die Linse in das Kollisionswarngerät Rowcus eingesetzt werden und auf einem Ruderboot montiert werden.

 

 

Würdigung durch den Experten

Prof. Dr. Tindaro Pittorino

In dieser Arbeit wurde eine Radarlinse mit 3D-Druckverfahren realisiert. Nach einer Einführung analysierte Herr Bannwart den Einfluss von 3D-Druckparameter und die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Der Gewinn der Linsen wurde mittels eines vorhandenen Radarsystems ermittelt. Die Einflüsse des Test-setups auf die Messungen wurden veranschaulicht. Die Gewinnabweichung der gedruckten Linse gegenüber der vom Hersteller vorgeschlagenen Linse war kleiner als 2dB, wobei die gedruckte Linse kleiner, kostengünstiger und an die Bedürfnisse der Anwendung genauer angepasst werden konnte.

Prädikat:

sehr gut

Sonderpreis «I-FEST²» gestiftet von der SJf-Trägerschaft

 

 

 

Kantonsschule Obwalden, Sarnen
Lehrer: Dr. Christian Fogel