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Fabio Odermatt, 2005 | Oberdorf, NW

 

Diese Arbeit erforscht und dokumentiert die Verwendung des Nidwaldner Dialekts am Kollegium St. Fidelis in Stans. Sie stützt sich auf ein theoretisches Fundament, welches mithilfe linguistischer Literatur erarbeitet wurde. Die Erkenntnisse dienten als Basis für eine nachfolgende Online-Umfrage bei den Schülerinnen und Schülern des Kollegiums St. Fidelis. Anhand von 77 Fragen untersuchte diese, von wem, wann und aus welchen Gründen der Nidwaldner Dialekt am Kollegium St. Fidelis verwendet wird. In einer Selbsteinschätzung gaben 38 Prozent aller Befragten an, immer oder gelegentlich den Nidwaldner Dialekt zu verwenden. Personen, die nur teilweise Nidwaldner Dialekt sprechen, wechseln in der Kommunikation oftmals bewusst oder unbewusst in den Dialekt des Gesprächspartners. Die Gründe für die Dialektnutzung finden sich hauptsächlich in der persönlichen Herkunft und im unmittelbaren Umfeld der Befragten. Obwohl nachgewiesen werden konnte, dass ein Teil des traditionellen Sprachguts verloren gegangen ist, konnte gleichzeitig gezeigt werden, dass die Nidwaldner Mundart heute etwas häufiger und bewusster verwendet wird als noch vor zwanzig Jahren.

Fragestellung

In einem theoretischen Fundament erforscht diese Arbeit die Entstehung und die Weiterentwicklung des Nidwaldner Dialekts. Im Hauptteil wird untersucht und dokumentiert, von wem, wann und weshalb der Nidwaldner Dialekt am Kollegium St. Fidelis in Stans gesprochen wird.

Methodik

Die Beantwortung der Frage rund um die Entstehung und die Weiterentwicklung des Nidwaldner Dialekts erfolgte durch umfassende Recherchen mithilfe linguistischer Literatur. Diese gewonnenen Erkenntnisse bildeten die Grundlage für den Hauptteil dieser Untersuchung: Eine Online-Umfrage mit insgesamt 77 Fragen erforschte die Verwendung des Nidwaldner Dialekts durch die Schülerinnen und Schüler am Kollegium St. Fidelis.

Ergebnisse

Gemäss Selbsteinschätzung verwenden 14 Prozent aller Schweizerdeutsch sprechenden Schülerinnen und Schüler des Kollegiums St. Fidelis immer den Nidwaldner Dialekt, weitere 24 Prozent setzen ihn nur teilweise ein. In der Online-Kommunikation ist dieser Wert minimal höher. Die Überprüfung der Dialektkenntnisse anhand verschiedener typischer Merkmale dieser Mundart bestätigt die Richtigkeit der vorgenommenen Selbsteinschätzung: In der Umfrage wurde die Aussprache von 18 verschiedenen Wörtern untersucht, die typische Merkmale des Nidwaldner Dialekts aufweisen. Die meisten dieser analysierten Merkmale finden bei 25 bis 30 Prozent der Befragten Verwendung. Zudem wurden verschiedene charakteristische Ausdrücke des Nidwaldner Dialekts betrachtet. Viele dieser Wörter kannten jedoch auch jene Personen nicht, die nach eigener Einschätzung immer Nidwaldner Dialekt sprechen. Somit ist bei den Schülerinnen und Schülern des Kollegiums St. Fidelis ein Teil des traditionellen Sprachguts verloren gegangen. Stattdessen sind Ersatzwörter aus umliegenden Regionen in die Mundart eingeflossen. Die Ursachen für das Sprechen des Nidwaldner Dialekts sind hauptsächlich in der persönlichen Herkunft und im unmittelbaren Umfeld der Befragten zu finden. Jene Schülerinnen und Schüler, die den Nidwaldner Dialekt nur teilweise sprechen, nutzen ihn insbesondere mit Gesprächspartnern, die ebenfalls diesen Dialekt verwenden. Wenn der Gesprächspartner hingegen einen anderen Dialekt spricht, unterdrücken viele Personen den Nidwaldner Dialekt. Die Anpassung an die Mundart des Gegenübers erfolgt meist unbewusst und automatisch. Ein Vergleich zu einer ähnlichen Studie aus dem Jahr 2001 zeigt, dass der Nidwaldner Dialekt heute am Kollegium St. Fidelis etwas häufiger und bewusster verwendet wird.

Diskussion

Die Arbeit beantwortete beide Leitfragen umfassend und lieferte viele zusätzliche Erkenntnisse zur Verwendung des Nidwaldner Dialekts. Erstaunlicherweise spricht am Kollegium St. Fidelis nur eine Minderheit immer die einheimische Mundart. Es war ebenfalls überraschend festzustellen, dass ein Grossteil der Personen, die gemäss eigener Angabe immer Nidwaldner Dialekt sprechen, viele typische Wörter dieser Mundart nicht mehr kennen. Trotzdem wird der Nidwaldner Dialekt am Kollegium St. Fidelis heute insgesamt etwas häufiger und bewusster verwendet als noch vor rund zwanzig Jahren.

Schlussfolgerungen

Durch diese Arbeit wurde eine umfassende sprachwissenschaftliche Bestandsaufnahme der Dialektsituation im Kanton Nidwalden erstellt. Die Teilnahme von Jugendlichen aus allen Gemeinden zeigt auf, wie die junge Generation den Nidwaldner Dialekt heute verwendet. Die umfangreichen Daten bieten Potenzial für interessante Vergleiche in zukünftigen Studien zur Dialektsituation in Nidwalden.

 

 

Würdigung durch den Experten

Sandro Bachmann

Sprachen und Dialekte verändern sich nicht nur hinsichtlich ihrer sprachlichen Substanz, sondern auch in ihrer Wahrnehmung und in ihrem Gebrauch. Fabio Odermatt ist es mit seiner Arbeit gelungen, Aspekte all dieser Bereiche für den Nidwaldner Dialekt zu beleuchten, indem er die zu untersuchenden Parameter in geeigneter Weise operationalisiert hat. Mittels einer Umfrage konnten so nicht nur geografisch flächendeckende Aussagen zur Diatopie des Nidwaldner Dialektgefüges, sondern auch Aussagen zur Diachronie des Dialekts selbst, seiner Wahrnehmung und seinem Gebrauch getroffen werden.

Prädikat:

sehr gut

Sonderpreis für junge Linguisten und Linguistinnen, gestiftet von der Schweizerischen Sprachwissenschaftlichen Gesellschaft (SSG/SSL)

 

 

 

Kollegium St. Fidelis, Stans
Lehrer: Emanuel Ruckstuhl