Biologie  |  Umwelt

 

Yanik Lutziger, 2002 | Birmenstorf, AG
Mario Mayr, 2004 | Ehrendingen, AG

 

Spanplatten in der Bauindustrie enthalten oft gesundheitsschädliches Formaldehyd aus Me-thanol, das aus fossilen Brennstoffen stammt. Myzel-basierte Baustoffe bieten eine Alternative ohne toxische Zusätze, indem sie Myzel als Bindemittel verwenden. Diese Arbeit zielt darauf ab, die optimale Kombination von Sägemehl und Pilzarten anhand von hergestellten Pilzblöcken zu bestimmen (sogenannte mycoBricks). Dabei werden die Materialeigenschaften im Vergleich zu Spanplatten analysiert. Es werden mycoBricks entwickelt und die Materialeigenschaften werden mittels Dreipunkt- und Brennbarkeits-Prüfungen untersucht. Der mit Trametes pubescens beimpfte mycoBrick auf Buchenholz war am stabilsten, während Pleurotus ostreatus auf Buchenholz die geringste Belastbarkeit zeigte. Der mycoBrick hat einen höheren Glühpunkt als Spanplatten und ist weniger schnell entflammbar. In dieser Arbeit konnten mycoBricks entwickelt und geprüft werden. Für eine Verwendung dieses Baustoffes wären aber weitere Entwicklungen, Optimierungen und Prüfungen notwendig.

Fragestellung

In dieser Arbeit wurden folgende Fragestellungen untersucht: (I) Welche Kombination aus Holzspänen (Buche und Fichte) und Pilzen (Trametes pubescens, Ganoderma lucidum, Pleurotus ostreatus und Panellus stipticus) ist am besten als Klebstoff geeignet, um die höchste Materialfestigkeit zu erzielen? (II) Wie unterscheiden sich der mycoBrick und eine Spanplatte hinsichtlich ihrer Materialfestigkeit, ihres Glühpunkts und ihrer Brennbarkeit?

Methodik

Das auf Agarplatten kultivierte Pilzmyzel, wird auf feuchten, sterilen Roggen übertragen und in einem atmungsaktiven Pilzbeutel inkubiert. Dieser Schritt ermöglicht dem Myzel, sich über einige Wochen hinweg auf dem Vorsubstrat vollständig auszubreiten. Anschliessend wird eine kleine Menge des durchwachsenen Roggens entnommen und mit feuchtem, sterilem Sägemehl in einem weiteren atmungsaktiven Pilzbeutel beimpft. Die beimpfte Mischung wird in eine Form gebracht und erneut für mehrere Wochen zur weiteren Ausbreitung des Myzels kultiviert. Nachdem das Pilzmyzel vollständig gewachsen ist, wird es in den Ofen gelegt, um es vollständig zu trocknen und den Pilz abzutöten. Um die Materialeigenschaften zu prüfen, wurde eine Vorrichtung für den Dreipunkt-Biegetest konstruiert. Zur Überprüfung der Brennbarkeit wurde der mycoBrick beflammt und mittels einer Wärmebildkamera die Temperatur gemessen.

Ergebnisse

Bei der Drei-Punkt-Biegeprüfung zeigte der mycoBrick mit Trametes pubescens auf Buchenholz die höchste Biegefestigkeit mit einer Belastung von 44,9 kg, während der gleiche Pilz auf Fichtenholz eine Belastung von 33,3 kg aushielt. Der mycoBrick mit Pleurotus ostreatus auf Buchenholz hielt nur einem Gewicht von 7,0 kg stand. Im Vergleich dazu blieb eine Spanplatte bei 52,3 kg unbeschädigt. Die Spanplatte hatte einen Glühpunkt von 306 °C, der mycoBrick begann erst bei 374 °C zu glühen. Während die Spanplatte nach 90 Sekunden Beflammung weiterbrannte, erloschen die Flammen beim mycoBrick schnell nach dem Entfernen des Gaslöters, was auf eine geringere Entflammbarkeit hinweist.

Diskussion

Die Materialeigenschaften von mycoBricks hängen von der Kombination aus Pilzart und passendem Holzsubstrat ab. Der Trametes pubescens mit Buchenholz weist bessere Ergebnisse auf, bedingt durch seine natürliche Präferenz, die zu schnellerem Wachstum und grösserer Materialfestigkeit führt. Dass die Wachstumsgeschwindigkeit und schlussendlich auch die Materialeigenschaften des mycoBricks bei den untersuchten Pilzarten unterschiedlich ist, wird mit den unterschiedlichen Anforderungen an Temperatur und Substrat in Verbindung gebracht. Buchenholz als Substrat fördert durch seine Beschaffenheit die Myzelentwicklung und Festigkeit der mycoBricks. Die geringere Stabilität bei Pleurotus ostreatus weist auf eine schwächere Interaktion mit dem Substrat hin. Die höhere Feuerresistenz der mycoBricks verglichen mit Spanplatten könnte darauf zurückgeführt werden, dass der Pilz bei einer gewissen Temperatur eine thermische Schutzschicht bildet.

Schlussfolgerungen

Die Untersuchung von mycoBricks zeigte, dass sie im Vergleich zu Spanplatten weniger entflammbar sind und einen höheren Glühpunkt haben. Allerdings sind sie bei der Drei- Punkte-Biegeprüfung weniger stabil als Spanplatten. Die Eigenschaften von mycoBricks deuten auf eine mögliche Verwendung als Dämm- oder Isolationsmaterial hin. Allerdings wären weitere Prüfungen und Anpassungen vor einer Markteinführung erforderlich. Ebenfalls ist die Nachhaltigkeit solcher Anwendungen zu überprüfen.

 

 

Würdigung durch den Experten

Patrick Fuchs

In der Maturitätsarbeit mycoBrick gelang es Mario Mayr und Yanik Lutziger ein relevantes Thema aus der Werkstoff-Forschung zu untersuchen. Die Herstellung von Pilzmyzel-gebundenen Werkstoffen ist sehr zeitintensiv und setzt ein gewisses Verständnis von Mykologie und Werkstoffkunde voraus. Die hergestellten Prüfkörper zeigen den Erfolg der geleisteten Arbeit. Speziell ist die eigens entwickelte Prüfvorrichtung für eine Biegeprüfung hervorzuheben. Die tiefgründige Arbeit widerspiegelt eine hohe Motivation und ein grosses Interesse an dem untersuchten Thema.

Prädikat:

gut

 

 

 

Kantonsschule Wettingen
Lehrer: Dr. Dario Cerletti