Chemie | Biochemie | Medizin
Leo Koch, 2001 | Seengen, AG
In der Orthopädie-Technik ist die Herstellung von Einlagen eine komplexe und traditionelle Arbeit, die fortlaufend weiterentwickelt wird. Um das Verfahren effizienter zu gestalten, wurde mit diesem Projekt an der FHNW innerhalb einer Machbarkeitsstudie die Möglichkeit zur Herstellung einer Schuheinlage mit einem thermoplastischem Elastomer mittels 3-D-Druck geprüft. Dazu wurde das selektive Laser-Sintering-Verfahren eingesetzt. Durch diesen Lösungsansatz würde die durch aufwendige Handarbeit vollzogene Nachbearbeitung wegfallen. Mit Druckmessungen verschiedener virtuell geplanter und gedruckter geometrischer Strukturen konnte ermittelt werden, ob es möglich ist, verschiedene Härtegrade zu erzeugen. Als Anschauungsbeispiel für weiterführende Forschungen wurde eine Einlage gedruckt und mit einem Drucksensor ausgestattet, der die Druckbelastung überwachen soll. Die Messungen haben gezeigt, dass es möglich ist, unterschiedliche Härtegrade durch gezielte Anpassung der geometrischen Strukturen zu erreichen. Ungenauigkeiten, die bei den Messungen ersichtlich wurden, konnten durch die hohen Temperaturen (Warping-Effekt) während der additiven Fertigung erklärt werden.
Fragestellung
Das Hauptaugenmerk liegt darauf herauszufinden, ob es möglich ist, durch die gezielte Veränderung der geometrischen Struktur des Materials einen Einfluss auf die Härtegrade zu erzeugen. Dafür werden verschiedene geometrische Testsamples virtuell konstruiert, gefertigt und später zur Auswertung mittels Drucktests verglichen. Basierend auf der medizinischen Indikation malum perforans, wird ein Sensor in der Einlage integriert, der die Bodenreaktionskraft unterhalb des ersten Strahls messen kann und auf einer Zeitachse wiedergibt. Durch die Auswertung der gewonnenen Daten können Rückschlüsse auf eine wirkungsvolle Therapie gemacht, und gegebenenfalls die Härtegrade der Schuheinlage angepasst werden.
Der Gegenstand der Arbeit ist wichtig und von hohem Interesse, da das Verfahren für industrielle Zwecke skaliert und die Technologie mit geringem Aufwand auf jegliche manifestierende Art des medizinischen Problems adaptiert werden kann.
Methodik
Um herauszufinden, ob es möglich ist, die Härtegrade durch die gezielte Anpassung der geometrischen Strukturen zu beeinflussen, mussten verschiedene Proben mit unterschiedlichen geometrischen Strukturen und Parametern konstruiert werden. Dabei hat man sich auf die Herstellung zweier verschiedenener Strukturen beschränkt. Bei den Strukturen handelt es sich um eine runde und eine bienenwabenförmige Perforation.
Ergebnisse
Die Messwerte zeigen, dass durch die geometrischen Strukturveränderungen die Härtegrade der Testkörper aus thermoplastischem Elastomer (TPE) verändert werden können. Beim Druck kann durch die hohen Temperaturen ein Warping-Effekt (Verziehen der Proben aufgrund der hohen Temperaturen) beobachtet werden. Das bedeutet, dass die Messproben nicht genau identisch und teilweise verzogen sind.
Diskussion
Bei allen Bienenwabenstrukturen ist nach einer gewissen Anzahl Messpunkte nach dem Anstieg der Kraft ein deutlicher Nachlass beziehungsweise eine Minderung der Kraft als ein Knick in dem Graphen erkennbar. Aus den Beobachtungen während der Tests und aus deren Auswertungen lässt sich schliessen, dass die Bienenwabenstrukturen nach einer gewissen Zeit knicken und sich Risse bilden. Bei allen porösen Strukturen ist ein nahezu linearer Anstieg der Kraft nach Anzahl Messpunkte erkennbar. Betrachtet man die Ergebnisse der Messungen der Vollkörper, ist ein exponentielles Wachstum der Druckkraft gegenüber der Anzahl Messpunkte zu sehen. Die Standardabweichung ist im Gegensatz zu allen anderen Tests am geringsten. Dies lässt sich durch die Tatsache begründen, dass der Vollkörper in der Herstellung am wenigsten anfällig auf Ungenauigkeiten ist.
Schlussfolgerungen
Da ein malum perforans (Ulkus oder Hornhautschwiele an der Fusssohle) zu einer starken Beeinträchtigung führt, ist eine schnelle und effiziente Versorgung mit einer orthopädischen Einlage von enormer Wichtigkeit. Mit dem Potenzial des skalierbaren SLS-Druckverfahrens, das automatisiert für jede individuelle Manifestation der Erkrankung angepasst werden kann, ist dieser Bereich der Orthopädietechnik von hohem Interesse für die Weiterentwicklung der Technologie.
Würdigung durch den Experten
Dr. Maurizio Gullo
Additive Fertigungsverfahren für die Orthopädie sind im Aufschwung und ermöglichen innovative Anwendungsmöglichkeiten. Dass jedoch noch einige Herausforderungen im Design und Produktion insbesondere mit elastischen Materialen bestehen, hat Leo Koch richtig erkannt. Seine Machbarkeitsstudie ist eine brillante Reaktion auf die Problematik. Er hat nicht nur die Fragestellung mit grosser Motivation angepackt, sondern auch seinen Lösungsansatz mit viel Ausdauer an mehreren Prototypen erprobt. Die Arbeit überzeugt zudem auch durch ihre Relevanz und Interdisziplinarität.
Prädikat:
sehr gut
Sonderpreis AO Foundation
Alte Kantonsschule Aarau
Lehrer: Karl Haab