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Luciano Zumstein, 2003 | Wilen (Sarnen), OW

 

Im Rahmen meiner Maturaarbeit untersuchte ich das Digitalisierungsprojekt der Schweizer Justiz, Justitia 4.0. Bestandteile des Projektes sind die Aktenführung, -einsicht und -zustellung sowie die Kommunikation innerhalb der Justiz. Aufgrund meines Interesses für die Rechtswissenschaft sowie einem Sinn für das Aktuelle entschied ich mich, Justitia 4.0 genauer zu erforschen. Die Arbeit enthält eine gründliche Analyse und Interpretation verschiedener Aspekte von Justitia 4.0. Sie bietet einen vertieften Einblick in die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Schweizer Justiz.

Fragestellung

Ich habe das Projekt anhand folgender fünf Leitfragen untersucht: (I) Welche Vorteile resultieren aus der Digitalisierung der Justiz? (II) Welche Nachteile resultieren aus der Digitalisierung der Justiz? (III) Welche Unsicherheiten und Problematiken treten bei der Umsetzung auf? (IV) Welche möglichen Veränderungen resultieren aus der Digitalisierung der Justiz? (V) Welche Haltung nehmen einzelne Projekt- und Justizmitarbeitende zur digitalen Justiz ein?

Methodik

Nach Prüfung der vorhandenen Informationen zum Projekt, habe ich die Leitfragen der Arbeit definiert. Meine Leitfragen untersuchte ich anhand von Experteninterviews. Für die Interviews habe ich Mitarbeitende des Projekts Justitia 4.0 sowie der Justiz gewählt. Insgesamt wurden vier Interviews auf digitalem sowie analogem Wege geführt. Ich entwarf für jeden Fachexperten einen individuellen Fragebogen. Die Transkription der Interviews wollte ich mittels Transkriptionssoftware durchführen. Da die Software fehlerhaft war, musste ich die Interviews manuell transkribieren. Ich analysierte die aus den Interviews gewonnenen Informationen und interpretierte diese. Anhand der Informationen aus den Interviews verfasste ich meinen Untersuchungsbericht.

Ergebnisse

Ein digitales Justizsystem ermöglicht einen orts- und zeitunabhängigen Zugriff auf die Fallakten. Dies führt zu einer Erhöhung der Arbeitseffizienz aller Verfahrensbeteiligten. Mühselige Arbeiten wie das Einscannen der Fallakten oder deren Versand via Post werden eliminiert. Justitia 4.0 gestaltet dadurch die Justiz attraktiver für Arbeitnehmende. Das digitale System erhöht sodann die Sicherheit der Fallakten: Sämtliche Zugriffe auf die Fallakten wie Eingaben, Einsichten und Zustellungen werden protokolliert und kontrolliert. Das Projekt Justitia 4.0 ist mit hohen Investitionen verbunden. Zudem verzögert sich der Gesetzgebungsprozess für das Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ), das die rechtlichen Grundlagen für die Digitalisierung der Justiz enthält. Dadurch entstehen finanzielle sowie organisatorische Problematiken: Die Finanzierung des Projektes ist nicht abgesichert. Da die datenschutztechnischen Vorschriften fehlen, können vorhandene Applikationen nicht eingerichtet und genutzt werden.

Diskussion

Die digitale Justiz zieht viele positive Veränderungen im Arbeitsalltag der Schweizer Justiz und der Datensicherheit mit sich. Dies spricht klar für das geplante System. Justitia 4.0 bewirkt den notwendigen Einzug des digitalen Wandels in der Schweizer Justiz. Durch die Verzögerung der rechtlichen Grundlagen ergeben sich erhebliche zeitliche und finanzielle Auswirkungen auf das Projekt und deren Umsetzung. Es muss laufend den neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Der Zeitpunkt der Umsetzung von Justitia 4.0 lässt sich aktuell nicht genau bestimmen. Meine angewandten Methodiken waren zielführend: Durch die Experteninterviews konnte ich effektiv die gesammelten Interviews verarbeiten und untersuchen. Arbeitsschritte wir softwaregestützte Transkription sollten in zukünftigen Arbeiten vertiefter evaluiert werden, um ungeplante Auftragszeiten zu vermeiden. Für mich persönlich ist die Arbeit ein Erfolg.

Schlussfolgerungen

Ich konnte anhand meiner Leitfragen die Untersuchung zielgerichtet durchführen. Die Leitfragen wurden grösstenteils zufriedenstellend analysiert. Ich erhoffte mir jedoch eine tiefere Analyse meiner Leitfragen: Aufgrund der limitierten Zeit, war es mir nicht möglich sämtliche Bereiche der Justiz in die Arbeit miteinzubeziehen. Der Fokus der Arbeit liegt auf dem Anwaltswesen. Die Gerichte sowie Polizeidepartemente sind weniger stark vertreten. Dies möchte ich bei zukünftigen Weiterentwicklungen meiner Untersuchung verbessern.

 

 

Würdigung durch die Expertin

lic.iur., Rechtsanwältin Susan Diebold Rupp

Die Arbeit von Luciano Zumstein bietet einen umfassenden und differenzierten Überblick über das Digitalisierungsprojekt der Schweizer Justiz, Justitia 4.0. Es gelingt Herrn Zumstein, das juristisch, informatisch und politisch anspruchsvolle Projekt auch für Personen ohne Vorwissen leicht zugänglich zu machen. Er verwertet die aus den Experteninterviews gewonnenen Erkenntnisse überzeugend und ergänzt die allgemein gehaltenen Informationen zum Projekt mit einer eigenständigen Betrachtung der Auswirkungen der Digitalisierung auf die konkrete Arbeitsweise der Justiz.

Prädikat:

gut

 

 

 

Kantonsschule Obwalden, Sarnen
Lehrer: Marc Schmid-Mocchi