Chemie | Biochemie | Medizin
Vinzent Beck, 2005 | Olsberg, AG
Bakterielle Infektionskrankheiten stellen die Menschheit seit jeher vor grosse Herausforderungen. Die uns durch antibiotische Wirkstoffe verliehenen Sicherheitsgarantien erscheinen angesichts der sich ausbreitenden Antibiotikaresistenzen zunehmend ungewiss. Bakteriophagen, die Viren der Bakterien, offenbaren sich hier als alternativer Therapieansatz.
Das Bakterium Pseudomonas aeruginosa, bekannt als nosokomialer Keim, erlangt durch die extrazelluläre Sekretion von Biofilmen erhebliche Persistenz gegen Antibiotika. Zentrale Strukturkomponenten der Filme sind die Polysaccharide Pel und Psl.
Mit neuartiger Methodik sollen biofilmspezifische Pseudomonas aeruginosa Phagen aus Umweltproben isoliert werden. Aufbauend sollen die Isolate mittels genetischer Untersuchung taxonomisch eingeordnet werden und schliesslich deren Fähigkeit zur Eradikation aktiver Biofilme getestet werden.
Eine Vielzahl bestätigt biofilmspezifischer Phagen konnte isoliert werden. Drei dieser Phagen konnten als in Teilen neuartig klassifiziert werden, einer davon vermochte erfolgreich Biofilme zu dispergieren.
Die erzielten Ergebnisse vermögen hoffnungsvoll hinsichtlich alternativer Therapieansätze zu stimmen.
Fragestellung
Lassen sich Pseudomonas aeruginosa Phagen aus Umweltproben isolieren, die an extrazellulär sekretierte Polysaccharide der Biofilme binden?
Welche Aussagen lassen sich über die genetische Einordnung der isolierten Phagen treffen?
Sind die isolierten Phagen fähig, aktive Biofilme zu reduzieren?
Methodik
Sampling: Sammeln von mikrobiologisch diversen Umweltproben, um grosse Bandbreite an Phagen abzudecken.
Phage DisCo: Isolation der biofilmspezifischen Phagen: Zwei verschieden farbkodierte Bakterienstämme, wovon einer eine Deletion des entsprechenden Rezeptors und der andere eine Überexprimierung dieses aufweist, werden kombiniert ausplattiert und mit Phagenlösungen behandelt. Während auf diesen Rezeptor unspezifisch reagierende Phagen unterschiedslos beide Stämme infizieren und transparente Plaques hinterlassen, bilden auf den definierten Rezeptor spezifische Phagen Plaques, die selektiv in der Farbe des Stamms mit der Deletion des entsprechenden Rezeptors leuchten, da diese Phagen aufgrund der ausbleibenden rezeptiven Bindung nur den Stamm mit überexprimiertem Rezeptor infizieren können. Screening mit Stereomikroskop.
Genetische Untersuchung: Extraktion des Erbguts (Norgen Biotek: Phage DNA Isolation Kit), Sequenzieren (Nanopore Sequencing), Annotation (PhasTest) und Abgleich mit Datenbank (PubMed BLAST).
Biofilmexperiment: Kultivierung integrer Biofilme in Kanälen von Microfluidic Chip, selektive und temporäre Behandlung dieser mit Phagenlösung. Die kontinuierliche Betrachtung der Biofilmaktivität inkl. der Reaktion dieser im Zuge der Phagenbehandlung wird durch Fluoreszenzfarbstoffe in Kombination mit Konfokalmikroskopie ermöglicht.
Ergebnisse
19 unterschiedliche Boden- und Gewässerproben konnten gesammelt und aufgereinigt werden, 9 davon aus Kläranlagen.
Zum ersten Mal im Zusammenhang mit Pseudomonas aeruginosa wurde Phage DisCo angewandt: 3 Umweltproben aus 2 Quellen lieferten 56 potenziell biofilmspezifische Phagen, die Spezifität von 27 davon wurde validiert.
3 Phagen wurden genetisch untersucht und konnten als teilweise neuartig eingestuft werden.
1 Phage wurde zur Behandlung aktiver Biofilme eingesetzt und konnte diese erfolgreich zerstreuen.
Diskussion
Die gesetzten Ziele konnten im Laufe der Arbeit vollständig und erfolgreich bearbeitet werden. Die einzelnen Arbeitsschritte funktionierten ohne bemerkenswerte Probleme.
Bei der Isolation mit Phage DisCo wurden Biofilme lediglich mittels Überexprimierung der Sekretion extrazellulärer Polysaccharide simuliert, aktive Biofilme bestehen jedoch aus einem wesentlich komplexeren Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. Es wäre für künftige Ansätze daher zielführend, Phagenisolationen auf Basis von Experimenten mit integrem Biofilm durchzuführen.
Schlussfolgerungen
Der angewandten Methodik wohnt erhebliches Potential inne: Aus kleinen Mengen kommunalen Abwassers konnten in absehbarer Zeit eine beachtliche Menge brauchbaren Materials angesammelt werden. Der Ablauf liesse sich problemlos im grossen Stil durchführen.
Die Isolation passender Phagen ist stets der erste Schritt zum erfolgreichen Einsatz dieser zu Therapiezwecken. Es ist somit entscheidend, eine umfangreiche Sammlung geeigneter Phagen anzulegen. Diese Arbeit konnte zeigen, wie unkompliziert es sein kann, Fortschritte in dieser Richtung zu erzielen.
Würdigung durch die Expertin
Nina Kathe
In seiner Arbeit widmet sich Vinzent Beck mit viel Begeisterung der hochaktuellen Thematik der Antibiotikaresistenzen. Mittels einer neuartigen Methode machte sich Vinzent Beck auf die Suche nach biofilmspezifischen Bakteriophagen gegen das nosokomiale Bakterium P. aeruginosa. Dank sorgfältigem wissenschaftlichem Arbeiten und grossem Einsatz ist es ihm gelungen, solche Phagen zu isolieren und erfolgreich gegen Biofilme einzusetzen. Seine Arbeit zeigt einen einfachen Ansatz für die Isolierung neuer Phagen auf, welche zukünftig bei der Bekämpfung resistenter Erreger eingesetzt werden können.
Prädikat:
sehr gut
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Gymnasium Kirschgarten, Basel
Lehrer: Thomas Scheuber