Physik | Technik
Jonathan Boissonnas, 2000 | Wetzikon, ZH
Fabian Fürer, 2003 | Flawil, SG
In dieser Arbeit wird über den Zeitraum von fünf Monaten im Sommer 2022 die Volumenänderung des Eises in der Glacière de Monlési, einer Eishöhle im Kanton Neuenburg, mit Hilfe terrestrischen Laserscannings bestimmt. Es wird gezeigt, ob sich Laserscanning zu diesem Zweck eignet und ob sich die Volumenänderung in einem mit Laserscanning erfassbaren Bereich befindet. In zwei Messkampagnen im Mai und Oktober 2022 wird je ein 3D-Modell der Eishöhle erfasst. Die Punktwolken werden bereinigt, klassifiziert und georeferenziert. Zur Messung auf Eis werden vorgängig verschiedene Laserscanner getestet und verglichen. Im untersuchten Zeitraum hat das Eisvolumen um 126 m3 abgenommen. Die durchschnittliche Höhenänderung der Eisoberfläche liegt bei 18 cm und kann mit Laserscanning erfasst werden. Laserscanning eignet sich zur Erfassung der benötigten Daten, auch in der technisch anspruchsvollen Umgebung der Eishöhle. Es bestehen grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Geräten bei der Messung auf Eis, sowohl in der Genauigkeit als auch in der Messfähigkeit. Die Unterschiede sind unter anderem auf die Verwendung unterschiedlicher Laser zurückzuführen.
Fragestellung
(I) Wie verändert sich das Eisvolumen der Glacière de Monlési über einen Sommer? (II) Ist die Volumenänderung mit Laserscanning erfassbar?
Methodik
Zur Messbarkeit von Eis wurden Laserscanner unterschiedlicher Bauart und mit unterschiedlichen Laser-Wellenlängen (650 nm – 1550 nm) getestet. Dabei wurde die Punktdichte auf Eis auf Distanzen zwischen 5 und 25 m, sowie die Eindringtiefe unterschiedlicher Laser in das Eis untersucht. In der Höhle wurde ein lokales Referenzsystem mit einer Trimble SX12 Totalstation erstellt. Die Eisoberfläche wurde in zwei Messkampagnen im Mai und Oktober 2022 mit einem Trimble X7 Laserscanner gescannt. Die Punktwolken wurden in Trimble RealWorks bereinigt, georeferenziert, klassifiziert und ein 2.5D-Volumenvergleich berechnet. Zudem wurden Scandaten des Schweizerischen Institutes für Speläologie und Karstforschung (SISKA) aus 2020 bereinigt und ausgewertet.
Ergebnisse
Die Wellenlänge des Lasers hat einen grossen Einfluss auf die Messfähigkeit und die Genauigkeit von Laserscanning auf Eis. Laser im Bereich von 650 nm Wellenlänge werden zu 80 % reflektiert auf Eis und können zuverlässig vom Scanner erfasst zu werden. Jedoch dringen sie tief in das Eis ein und Reflektionen in Tiefen von bis zu 7 cm ergeben grosse Fehler in der Distanzmessung. Laser im Bereich von 1550 nm werden von Eis zu 95 % absorbiert und die Reflektionen können nur mit hochempfindlichen Sensoren erfasst werden, was zu einer geringeren Punktdichte führt. Sie werden nur an der Oberfläche reflektiert und allfällige Distanzfehler gehen im Punktrauschen unter. Nebst der Wellenlänge haben die Stärke des Lasers und die Empfindlichkeit des Sensors einen Einfluss auf die Messbarkeit von Eis. In der Glacière de Monlési wurde ein Eisverlust von 126 m3 gemessen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Abschmelzen der Oberfläche um 18 cm. Die Auswertung von Scandaten aus 2020 zeigt zudem einen längerfristigen Rückgang des Eisvolumens über mehrere Jahre.
Diskussion
Die Scandaten belegen und quantifizieren den bisher nur geschätzten Eisrückgang. Er liegt leicht über dem vom SISKA geschätzten Wert von 100 m3 pro Jahr. Die Messunsicherheiten auf Eis sind grösser als erwartet, weshalb eine Höhenänderung der Eisoberfläche mindestens 10 mm betragen muss, um Messfehler ausschliessen zu können. Mit einem durchschnittlichen Abschmelzen von 18 cm liegt der Volumenverlust klar in einem mit Laserscanning erfassbaren Bereich. Laserscanning ist gut geeignet zur Bestimmung der Volumenänderung, einzig der grosse Einfluss des Wassergehaltes der Eisoberfläche auf die Messbarkeit von Eis erschwert die Messungen. Die Verwendung von Fotogrammetrie wäre hier weniger anfällig, allerdings ist ein korrektes Ausleuchten der Bilder in der Höhle nicht immer möglich.
Schlussfolgerungen
Der saisonale Eisverlust der Glacière de Monlési konnte mittels Laserscanning hochauflösend dokumentiert werden. Der Vergleich mit älteren Daten erlaubt auch eine Aussage über den längerfristigen Volumenverlust. Um die Zukunft des Eises in der Glacière abschätzen zu können, wurde inzwischen eine Bestimmung des exakten Eisvolumens mittels Georadar vorgenommen, die Auswertung der Daten ist noch ausstehend. Die erfassten Daten bieten eine hervorragende Grundlage, um das Eisvolumen in Zukunft zu überwachen sowie auch eine Abschätzung der historischen Eisfüllung der Glacière vorzunehmen.
Würdigung durch den Experten
Lorenz Schmid
Die Arbeit von Jonathan Boissonnas und Fabian Fürer befasst sich mit der dreidimensionalen Erfassung von Eismassenveränderungen mit modernster Vermessungstechnik. Die Arbeit zeichnet sich aus durch ihre methodische Herangehensweise, ein vertieftes technisches Verständnis, und einen spannenden interdisziplinären Ansatz. Sie setzen sich dabei mit einem aktuellen Thema der Forschung auseinander und stossen mit ihren spannenden Erkenntnissen neue Ideen für die Erfassung von Grundlagendaten und zeitlichen Veränderungen von Eishöhlen an.
Prädikat:
hervorragend
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Lehrerin: Katrina Willingham