Gestaltung | Architektur | Künste
Hanna Jaeschke, 2006 | Basel, BS
Die Polychromie, also die farbige Fassung von Skulptur und Architektur, war in der griechischen Antike weit verbreitet. Vor über 2000 Jahren waren die Tempel, welche heutzutage meist farblos wiedergegeben werden, tatsächlich bunt bemalt und mit vielen Ornamenten verziert. Diese Arbeit dient dazu, ein Bild dieser farbenprächtigen Antike zu vermitteln und somit die veralteten Vorstellungen rein weisser Tempel zu revidieren.
Dabei wird zunächst ein Einblick in die zentralen Aspekte der Polychromie der griechischen Architektur erarbeitet. Das erlangte Wissen wird in einem nächsten Schritt auf das Forschungsobjekt, den Aphaiatempel, der sich auf der Insel Ägina befindet, angewandt. Von diesem wird im Anschluss eine digitale Rekonstruktion modelliert und dreidimensional gedruckt. Ebenfalls wird ein eigener Ansatz zur Farbgebung des Tempels entwickelt, nach welchem sowohl das gedruckte als auch das digitale Tempelmodell bemalt werden.
Damit versucht diese Arbeit, die Polychromie antiker griechischer Architektur an einem farbigen dreidimensionalen Tempelmodell anschaulich zu vermitteln. Der dabei erarbeitete Ansatz wird abschliessend mit einer ersten bestehenden 3D-Rekonstruktion verglichen.
Fragestellung
Die vorliegende Arbeit stellt die Frage, ob es möglich ist, eine originalgetreue, dreidimensionale Farbrekonstruktion eines Tempels aufgrund von Grabungsdokumentationen in Form von Zeichnungen und Beschreibungen zu erstellen. Unter Berücksichtigung des Arbeitsumfangs konzentrieren sich die Untersuchungen dabei ausschliesslich auf die äussere Architektur des Tempels, wobei keinerlei plastischer Bauschmuck (Skulpturen) miteinbezogen wird.
Methodik
Der Theorieteil sowie das erarbeitete Farbmodell des Aphaiatempels basieren auf einer Analyse und Diskussion literarischer Quellen. Das Tempelmodell selbst wird nach massstabsgetreuen Zeichnungen, welche im Zuge der Ausgrabungen des Aphaiatempels angefertigt wurden, in der Software Blender modelliert und anschliessend 3D gedruckt. Die Bemalung des gedruckten Modells erfolgt mit Acrylfarben, die des digitalen Modells mit Blender. Dabei werden die in Blender verwendeten Ornamente, sowie weitere Farbskizzen, zuvor in der Software Adobe Illustrator erstellt.
Das digitale Farbmodell wird in einem letzten Schritt mit einer digitalen Farbrekonstruktion des Architekturhistorikers Hansgeorg Bankel verglichen, woraus weitere Erkenntnisse gezogen werden können.
Ergebnisse
Die Ergebnisse dieser Arbeit sind sowohl das 3D gedruckte als auch das digitale Modell des Aphaiatempels, samt ihrer erarbeiteten Farbgebung. Die digitale Rekonstruktion ist dabei farblich vollständig und zusätzlich mit realistischen Materialien und Strukturen versehen.
Diskussion
Es wurde eine Farbgebung erarbeitet, die wissenschaftlich fundiert ist und viele Parallelen zur digitalen Rekonstruktion von Hansgeorg Bankel aufweist. Sie kann jedoch nur als Annäherung an das Original und nicht als originalgetreu verstanden werden, da die ursprüngliche Farbgestaltung antiker Tempel nicht mit absoluter Sicherheit rekonstruiert werden kann.
Aus architektonischer Perspektive erweist sich die Tempelrekonstruktion als originalgetreu und stimmt in diesem Aspekt auch mit Bankels Rekonstruktion überein.
Im praktischen Teil war die Anwendung der erarbeiteten Farbgebung auf das gedruckte Tempelmodell technisch nicht möglich, weshalb digitale Zeichnungen und eine farbige Version des digitalen Tempelmodells erstellt wurden. Dadurch konnte eine vollständige Farbrekonstruktion des Aphaiatempels realisiert werden.
Schlussfolgerungen
Die Fragestellung beantwortend können zwei Hauptaussagen gemacht werden.
Einerseits ist es möglich, basierend auf den zweidimensionalen, massstabsgetreuen Zeichnungen ein originalgetreues dreidimensionales Tempelmodell zu erstellen.
Andererseits ist es möglich, mit Hilfe einer Literaturrecherche, die gut dokumentierte Funde von Resten und Bemalung sowie neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Polychromie erbrachte, eine wahrscheinliche Farbgebung zu erarbeiten.
Für mögliche Ausweitungen könnte ein Schwerpunkt auf die Software Blender gelegt werden. Dabei könnte das digitale Modell in eine realistische Umgebung eingefügt werden, um einen lebensechten Eindruck zu vermitteln. So könnten neue Technologien dazu beitragen, ein noch lebendigeres Bild der griechischen Antike zu erzeugen.
Abschliessend kann ich sagen, dass ich wegen des anspruchsvollen Vorgehens viele wertvolle Erfahrungen machen und meine Faszination für die griechische Antike weiter vertiefen konnte.
Würdigung durch die Expertin
Dr. Veronika Sossau
Mit spürbarer Begeisterung und grosser Sorgfalt ging Hanna Jaeschke auf Spurensuche und trug Quellen zum Aphaiatempel von Ägina und seinen Farbresten zusammen. Sie setzte sich mit antiken Quellen und dem wissenschaftlichen Diskurs über die antike Polychromie auseinander und wagte sich auf dieser Grundlage an eine eigene Farbrekonstruktion, die sie erfolgreich in einem detailreichen digitalen 3D-Modell umsetzte und schliesslich auch physisch in einem bemalten 3D-Druck ausarbeitete. Ihr Resultat überzeugt auch im kritischen Vergleich mit einer Rekonstruktion eines renommierten Bauforschers.
Prädikat:
hervorragend
Sonderpreis «Mostratec» gestiftet von der SJf-Trägerschaft
Gymnasium am Münsterplatz, Basel
Lehrer: Marcel Knaus