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Ursina Graeff, 2007 | Nottwil, LU

 

Augen sind ein wichtiger Teil eines Portraits und der Blick wird oft auf diese hingelenkt. Diese Arbeit zeigt auf, warum wir Blicken im Bild eine so grosse Rolle zuschreiben und wie diese unsere Wahrnehmung eines Portraits verändern. Dies geschieht mithilfe der Analysen der Expressivität der Augen, sowohl im anatomischen als auch im psychologischen Bereich. Die praktische Umsetzung erfolgt mit einer eigenen ölmalerischen Arbeit nach dem Selbstportrait «Der Verzweifelte» von Gustave Courbet und veranschaulicht, was die Veränderung des Blickes im Detail und für das Bildganze ausmachen kann.

Fragestellung

Die Arbeit befasst sich vor allem mit dem Ausdruck der Emotionen durch die Augen. Im Fokus lag dabei der Ausdruck der Augenmimik in der Portraitmalerei und welche Relevanz diesem zukommt. Es wurde der Frage nachgegangen, wie der Blick alleine die Aussage eines Portraits beeinflussen und diese verändern kann.

Methodik

Durch Analysen der Mikroexpressionen und deren anatomischen Aufbau wurde herausgefunden, wie wichtig Blicke in einem Portrait sind. Auch die Rolle der Subjektivität des Betrachters und wie diese bewusst manipuliert werden kann, wurde durch die kunsthistorischen Begrifflichkeiten Absorption und Theatralität untersucht und veranschaulicht. Verschiedenste praktische Umsetzungen mit digitalen Mitteln und durch das Medium Öl auf Leinwand wurden vorgenommen. Dabei wurde zuerst das Portrait Gustave Courbets nachgemalt, um dann in einem zweiten Schritt die Augen durch andere Blicke zu verändern.

Ergebnisse

Durch die Recherche der Augenmimik konnte erkannt werden, dass Augen eine zentrale Rolle in der Portraitmalerei spielen. Sie sind wesentliche Mittel, die zum Gesichtsausdruck und damit zur Gesamtaussage beitragen. Blicke ermöglichen eine kommunikative Verbindung zwischen Betrachter und Portraitiertem und vermitteln gewisse Emotionen. Diese entstehen jedoch erst durch das Zusammenspiel mit der restlichen Gestik und Mimik. Wir achten dennoch intuitiv auf die Augen, da darin die Mikroexpressionen, schnell ablaufende, unbewusste Ausdrücke der Emotionen, für uns besonders authentisch empfunden werden. Diese Blickverbindung existiert sowohl bei theatralischen als auch bei absorptiven Darstellungen, die sich dadurch unterscheiden, inwieweit der Künstler eine Verbindung beabsichtigt und eine Einfühlung ins Bildgeschehen ermöglicht. Die zentrale Erkenntnis der Arbeit ist, dass durch ein malerisches Einarbeiten Blicke immer eine neue Aussage erzeugen. Durch einen anderen Augenausdruck entsteht nicht nur eine Veränderung der dargestellten Emotion, sondern auch eine Veränderung von allgemeinen Merkmalen des Gesichtes, wie etwa die Illusion, dass der Mund des Dargestellten je nach Blick unterschiedlich weit geöffnet erscheint.

Diskussion

Die Arbeit zeigt, auf welche Art und Weise die Augen in einem Portrait als Mittel zum Ausdruck genutzt werden können und wie weit diese die Wahrnehmung eines Portraits in seinen Merkmalen verändert. Dennoch muss bei einer Interpretation der Aussage immer die ganzheitliche Gestik und Mimik betrachtet werden. Das direkte Einarbeiten eines veränderten Elementes in ein Originalbild erzeugt eine andere, neue Wirkung.

Schlussfolgerungen

Die Untersuchung der Mikroexpressionen und deren unbewusstes Ausdrücken von Emotionen konnte aufzeigen, wie wichtig Blicke für die Portraitmalerei sind und welche Wirkung Augen auf den Betrachter haben. Gleichzeitig wurde deutlich, dass durch die Verwendung des Blickkontakts zwischen Betrachter und Dargestelltem diese Wirkung manipuliert und auch verstärkt werden kann. Der anfängliche Einsatz digitaler Mittel konnte keine deutlichen Veränderungen erzielen und nur kleine Aussagen des Gesamtausdrucks verändern, wie zum Beispiel mit dem Blickkontakt zum Betrachter variieren. Erst das Einarbeiten durch Ölfarbezeigte auf, wie wichtig der Blickausdruck ist und was unterschiedliche Blicke bewirken können. Damit kann dann diese Veränderung neue Gefühle mit der bisherigen Gestik und Mimik erzeugen. Demnach lässt sich aus dieser Arbeit die zentrale Erkenntnis schliessen, dass der Blick alleine Mimik, Gestik und Merkmale verändern kann.

 

 

Würdigung durch den Experten

Dr. Toni Hildebrandt

Die Arbeit «Der Blick in der Portraitmalerei – Augen und ihre Ausdrucksweise» überzeugt durch ihre fundierte Untersuchung der Bedeutung des Blicks in der europäischen Portraitkunst. Aus kunsthistorischer und psychologischer Perspektive betont die Arbeit, wie zentral die Augen für die emotionale Wirkung eines Bildes sind. Besonders bemerkenswert ist die praktische Umsetzung der Studie: Durch gezielte Veränderungen des Blicks in einem Selbstportrait von Gustave Courbet (1819-1877), einem französischen Maler des Realismus, wird veranschaulicht, wie sich die Bildaussage wandelt.

Prädikat:

gut

 

 

 

Kantonsschule Sursee
Lehrerin: Jasmin Hunn