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Kora Bürgi, 2006 | Lungern, OW

 

Der US-amerikanische Architekt Frank Lloyd Wright (1867-1959) gilt als einer der bedeutendsten Architekten der Moderne des 20. Jahrhunderts. Sein Werk, das als Organic Architecture bezeichnet eine Harmonie zwischen Natur und Architektur anstrebt, beschränkt sich geografisch auf die USA und Japan. In dieser Arbeit wurde untersucht, inwiefern sich ein Einfluss Wrights auf die Zentralschweizer Architekturlandschaft beobachten lässt. Gefundener Einfluss wurde in Bezug auf Wrights Architektur analysiert, architekturhistorisch eingeordnet und die Einflussnahme insgesamt bewertet.

Fragestellung

Im Fokus der Untersuchung stand das Ausmass der stilistischen Einflussnahme Wrights auf Zentralschweizer Architektur. Die Arbeit befasste sich damit, welche typischen Merkmale Wrights Architektur sich an Gebäuden in der Zentralschweiz wiederfinden lassen und untersuchte dabei den Grad der Übernahme oder Abwandlung der Wright’schen Architekturelemente. Es wurde nach Ursachen für den gezeigten Einfluss geforscht und der Frage nachgegangen, wie sich Wrights Rolle im Bewusstsein der Schweizer Architekt:innen bis heute verändert hat. In diesem Zusammenhang wurde die Zukunftsfähigkeit der Wright’schen Architektur in der Zentralschweiz untersucht.

Methodik

Durch Befragung der kantonalen Denkmalpflegestellen und ausgewählter Fachpersonen wurden Zentralschweizer Gebäude, die in ihrer Architektur Einflüsse von Wrights Architektur in den USA aufzeigten, ausfindig gemacht und eine Auswahl davon hinsichtlich des Einflusses analysiert (Gebäudeanalysen). Die Kriterien, nach denen die Analyse vorgenommen wurde, bildeten die in der Theorie erarbeiteten, in erster Linie stilistischen Merkmale Wrights Architektur und erfolgte basierend auf Bild- und Planmaterial. In einem zweiten Schritt wurden die Biografien der Architekten auf Verbindungen zu Wright untersucht.

Ergebnisse

Es konnten 32 Zentralschweizer Gebäude und zwei Quartiere ausfindig gemacht werden, die in ihrer Architektur Einflüsse von Wrights Architektur in den USA aufweisen. Die Objekte stammen von 20 Architekt:innen, von denen die meisten entweder ehemalige Schüler:innen Wrights gewesen waren, oder durch Ausstellungen und Publikationen zu dessen Schaffen, wie insbesondere 1910/11 und 1952, mit dem Werk des amerikanischen Architekten in Kontakt gekommen waren. Das Ausmass der Einflussnahme variiert stark und erstreckt sich von Übernahmen von Elementen Wrights Architektur bis hin zur in einer Eigeninterpretation mündenden Orientierung an Wrights architektonischen Grundideen, wie etwa der Organischen Architektur. Die in der Zentralschweiz ausfindig gemachten Wright-beeinflussten Gebäude wurden mit wenigen Ausnahmen alle innerhalb von 1950 bis 1970 gebaut. Dies lässt darauf schliessen, dass Wrights Präsenz im Bewusstsein der Schweizer Architekt:innen in diesem Zeitraum einen Höhepunkt erreichte. Andererseits lässt es vermuten, dass Wrights Einflussnahme auf die Zentralschweizer Architektur zeitlich beschränkt war und die Schweizer Architekt:innen heute nicht mehr in gleichem Masse von Wrights Architektur beeinflusst sind.

Diskussion

Die Arbeit zeigt, in welch vielfältiger Art und Weise sich Wrights architektonischer Einfluss in der Zentralschweiz erkennen lässt. Durch die gewählten Fragestellungen wurde die gefundene und in den Gebäudeanalysen begründete Einflussnahme mit einer darauf folgenden Suche nach deren Gründen weiter fundiert. Es wäre denkbar, die Arbeit mit gleichem Vorgehen um weitere Wright-beeinflusste Gebäude auch über die Grenzen der Zentralschweizer Kantone hinaus weiterzuführen.

Schlussfolgerungen

Die erste Untersuchung zu einem Einfluss Wrights in der Zentralschweiz konnte aufzeigen, dass ein solcher tatsächlich und an zahlreichen Gebäuden erkennbar ist. Gleichzeitig wurde deutlich, dass Schweizer Architekt:innen in einer bestimmten Zeitspanne von Wright in ihrem eigenen Schaffen besonders beeinflusst waren, wodurch Wrights Einfluss in der Zentralschweiz als eine «abgeschlossene Epoche» in der Architekturgeschichte betrachtet werden kann. Angesichts des starken Siedlungs- und Verdichtungsdruckes und den Grenzen, die damit der architektonischen Vielfalt gesetzt werden, scheint die mit ihren horizontalen, weit auskragenden Dächern relativ platzeinnehmende Architektur Wrights in der Schweiz von heute nicht zukunftsfähig. Die Arbeit darf als Anstoss für die Auseinandersetzung mit der Frage gesehen werden, wie mit dem architektonischen Erbe Wrights in der Schweiz umgegangen werden soll. Die Arbeit soll das Bewusstsein für die Bedeutung des Erhalts eines architektonischen Pluralismus wecken.

 

 

Würdigung durch die Expertin

Dr. Meret Ernst

Die Arbeit untersucht an 32 Gebäuden und 2 Quartieren in der Innerschweiz die stilistische Einflussnahme von Frank Lloyd Wright auf 20 Architekt:innen, die direkt oder indirekt Wrights Werk studiert hatten. Der untersuchungsleitende Begriff (Einflussnahme) ist definiert; die Auswahl der analysierten Objekte begründet und die Kriterien der Analyse benannt. So kann die Autorin zeigen, dass zwischen 1950 und 1970 die Einflussnahme am höchsten war und von direkten Übernahmen architektonischer Details bis hin zu eigenständigen Interpretationen entwerferischer Prinzipien Wrights variierte.

Prädikat:

sehr gut

 

 

 

Kantonsschule Obwalden, Sarnen
Lehrer: Manuel Bhend