Mathematik | Informatik
Yannis Müller, 2004 | Rheinfelden, AG
Schon in Orwells 1984 wurde die Tatsache, dass zwei plus zwei vier gibt, angezweifelt und behauptet, die Lösung sei fünf. Im Sommer des Jahres 2020 ergab es sich dann, dass diese Behauptung in vollem Ernste wiederholt wurde. Die weitere Behauptung, Mathematik sei rassistisch, da es andere Arten gebe, wie Zahlen zu addieren seien, schloss sich dieser Ersten an. Diese Arbeit zeigt, dass es nur eine Art gibt, natürliche Zahlen zu addieren, die der Erfahrung der Addition in der Welt entspricht. Dies geschieht, indem eine Definition der Addition mittels grundlegenderer Bausteine hergeleitet und dann ihre Verbindung zur Addition in der realen Welt erläutert wird. Dabei werden verschiedene Ansätze diskutiert.
Fragestellung
Die Arbeit möchte im Grunde drei Fragen beantworten. (I) Wieso gibt eins plus eins zwei? (II) Wie kann dies rigoros formuliert und bewiesen werden? (III) Wieso gibt es nur eine Operation, die der Addition, die aus dem Alltag bekannt ist, entspricht?
Methodik
Um die Formel eins plus eins gleich zwei zu beweisen, wurde in erster Linie der Beweis aus Whitehead und Russells Principia Mathematica (PM) genutzt. Dieser musste aus den 762 Seiten, über die er sich erstreckt, extrahiert werden, wozu der letzte Satz aufgesucht wurde und dann alle seine Lemmata und dann für jedes der Lemmata dasselbe. Um die Übersicht zu behalten, wurden Python und JSON genutzt, um alles in einer Datenbank zu speichern. Dann musste der Beweis zugänglich gemacht werden, wozu eine modernere Notation und Mengenlehre verwendet wurden, um den Beweis in Länge und Komplexität zu vereinfachen.
Ergebnisse
Es konnte eine für den Laien zugängliche Exposition des Themas erstellt werden, in der alle notwendigen Kenntnisse für den Beweis einfach erläutert werden. Der Beweis geschieht dann auf zwei Arten: Nach dem Beweise von Giuseppe Peano, welcher einen axiomatischen Ansatz nutzt, der in seiner Art sehr modern ist, und nach der Art PMs, welche langwieriger und detaillierter, aber auch konkreter und somit intuitiver ist. Der Beweis der PM besteht aus zwei Teilen, einem ersten, der die Propositionen der Prädikatenlogik enthält und einem zweiten, der sich mit den mengentheoretischen Aspekten des Beweises befasst und daher dessen Kernstück begründet. In dem ersten Teil ist es gelungen, die Formelsprache der PM in die heute gebräuchliche zu übersetzen, wobei die Präsentation der Beweise möglichst nahe an der PMs bleibt. Im zweiten Teil wurde der Klassenbegriff der PM durch den allgemein gebräuchlichen der ZFC- Mengenlehre ersetzt, was zu einer Kürzung des Beweises von rund 550 Sätzen auf bloß 13 führt, die Idee des Beweises jedoch erhält. Es ist ein Produkt gelungen, das ersichtlich macht, weshalb eins plus eins zwei ergeben muss und wie eine solche fundamentale Aussage bewiesen werden kann. Es wird ebenfalls eine Verbindung zwischen der rigorosen Definition und dem Alltagsbegriff des Konzeptes hergestellt, was die zwingende Natur der Formel erklärt.
Diskussion
Die Fragen konnten zufriedenstellend beantwortet werden und es wurde einem Stück Mathematikgeschichte frisches Leben eingehaucht, indem der Beweis kürzer, knapper und in moderner Art wiedergegeben werden konnte. Der lange Abschnitt über die Prädikatenlogik nimmt in dieser Exposition etwas zu viel Platz ein und hätte auch angemessen gekürzt werden können. Ebenfalls wäre der Beweis noch etwas klarer geworden, wenn die implizit verwendete Äquivalenzrelation zwischen den Mengen, welche es erlaubt, die Addition zu definieren, expliziter erwähnt und formal eingeführt worden wäre.
Schlussfolgerungen
Es wurde auf zugängliche Art und Weise gezeigt, dass eins plus eins zwei geben muss, und dies kein Axiom ist, sondern bewiesen werden kann. Des Weiteren wurde diskutiert, wie diese mathematische Addition mit der Addition in der realen Welt in Verbindung steht. Dies führt zum Schluss, dass die spezifische Konstruktion willkürlich sein mag, das Resultat, dass eins plus eins zwei gibt, jedoch zwingend ist.
Würdigung durch den Experten
Prof. Dr. Michael Esfeld
Das Ziel der Arbeit ist, ein unerschütterliches Fundament unseres Wissen über die Welt anhand der Arithmetik aufzuzeigen. Yannis Müller wählt zunächst einen kurzen Weg, der sich auf die Peano-Axiome stützt. Kern der Arbeit ist dann eine detaillierte und anspruchsvolle Rekonstruktion der Principia Mathematica von Whitehead und Russell. Schliesslich bettet Yannis Müller diese Beweisführung in eine Philosophie der Mathematik ein, gemäss der die Mathematik die Wissenschaft der Struktur ist und die Welt in ihrem Fundament in Struktur im Sinne von Relationen zwischen Objekten besteht.
Prädikat:
sehr gut
Gymnasium Muttenz
Lehrer: Olivier Warin