Physik | Technik

 

Raphael Buess, 2001 | Riehen, BS

 

Ziel dieser Arbeit ist die Erstellung der Berechnungsgrundlagen für einen autarken, CO2-neutralen Haushalt auf der Basis einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) in Kombination mit einem Akku zur Kurzzeitspeicherung und einem Wasserstoffsystem (H2-System) zur Langzeitspeicherung mithilfe flüssiger organischer Wasserstoffträger (LOHC). Im Speziellen sollte geprüft werden, ob mein Elternhaus so ganzjährig autark mit Strom versorgt werden könnte. Basierend auf den Produktionsdaten einer bestehenden PV-Anlage in der Region Basel und den Verbrauchsdaten meines Elternhauses wurde eine Modellrechnung aufgestellt. Damit konnte die Produktionsleistung der PV-Anlage mit dem Energiebedarf abgeglichen und die Energie sinnvoll in die beiden Speichersysteme verteilt werden, und zwar zur Abdeckung der Nachtstunden über den Akku, zur Abdeckung der Wintermonate über das H2-System. Es konnte gezeigt werden, dass das System grundsätzlich funktioniert: Die PV-Anlage könnte auf dem Dach und die Speicher könnten im Keller Platz finden. Die Kosten der Anlage sind allerdings vorläufig noch sehr hoch.

Fragestellung

(I) Ist es möglich, den Strombedarf eines Einfamilienhauses CO2-neutral mit Solarenergie zu decken und den Strom so zu speichern, dass das Haus ganzjährig autark betrieben werden kann? (II) Wie gross muss die Fläche der PV-Anlage, die Speicherkapazität des Akkus zur Kurzzeitspeicherung und die Dimension eines H2-Systems zur Langzeitspeicherung sein? (III) Finden sowohl die PV-Anlage auf dem Dach als auch die Speichersysteme in einem kleinen Kellerraum Platz? Es soll eine Kostenschätzung gemacht werden, um die Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit für eine Privatperson zu evaluieren.

Methodik

Es wurden theoretische Formeln zur Dimensionierung der PV-Anlage, des Akkus und des H2-Systems aufgestellt. Dann wurden die Produktionskurven einer bestehenden PV-Anlage in der Region Basel, welche ihre Daten online öffentlich zur Verfügung stellt, exemplarisch betrachtet. Zudem wurden die Verbrauchsdaten meines Elternhauses modellhaft geprüft. Die Daten der Globalstrahlung wurden dem Programm Meteonorm entnommen. Wirkungsgrade und Leistungsdaten stammen aus theoretischen Publikationen und von Herstellerfirmen spezifischer Geräte.

Ergebnisse

Es wurde eine Berechnung aufgestellt, mit der allgemeingültig bestimmt werden kann, wie gross die Dimensionen und die Kosten eines Systems, bestehend aus PV-Anlage in Kombination mit Akku und H2-System, sind. Im ersten Schritt wurde bestimmt, wie viele Stunden pro Jahr das Haus von der PV-Anlage direkt und wie viele Stunden es aus welchem Speicher mit Strom versorgt werden muss. Daraus wurde im zweiten Schritt abgeleitet, wie viel Energie welchem Speicher zugeführt werden muss und wie die PV-Anlage und der Speicher dimensioniert werden müssen, um ganzjährig genügend Strom zu liefern. Diese Berechnungsweise wurde im dritten Schritt am Beispiel meines Elternhauses überprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass auf diesem Haus mit einer PV-Anlage (166 kWh/m2/Jahr) mit einer Fläche von 80 m2 genügend Strom produziert würde, um das Haus mit einem Akku (60 kWh Speicherkapazität) und einem LOHC-Tank (2,3 m3) ganzjährig autark mit Strom zu versorgen. Alternative Systeme mit nur einem Speichersystem wären deutlich weniger effizient. Die Investitionskosten der Anlage betragen ca. 120 000 CHF. Dies entspricht einer Amortisationszeit von etwa 40 Jahren.

Diskussion

Die Hypothese einer autarken, CO2-neutralen Stromversorgung konnte mit einer Modellrechnung, basierend auf den Daten einer real existierenden PV-Anlage und den Verbrauchsdaten meines Elternhauses, bestätigt werden. Die Kombination eines Akkus und eines H2-Systems erweist sich günstig, da die Berechnungen zeigen, dass eine Anlage mit nur einem Speichersystem deutlich ineffizienter wäre. Für die Berechnung wurden einige vereinfachte Annahmen gemacht. Ob ein präziserer kontinuierlicher Abgleich des Strombedarfs und der realen Stromproduktion das Ergebnis relevant verändern würde, muss offenbleiben. Eine ausreichende Reserve für Zeiten niedrigerer Stromproduktion wurde jedoch berücksichtigt.

Schlussfolgerungen

Mittels theoretischer Berechnungen und einer Überprüfung an einer Modellrechnung mit Werten einer real existierenden Solaranlage konnte gezeigt werden, dass eine PV-Anlage in Kombination mit einem Akku und einem H2-System ein Haus autark und CO2-neutral mit Strom versorgen kann. Eine solche Anlage ist mit einer Amortisationszeit von über 40 Jahren aktuell noch zu teuer, um eine finanziell attraktive Alternative zur konventionellen Stromversorgung darzustellen.

 

 

Würdigung durch den Experten

Christian Bauer

Die Arbeit von Raphael Buess behandelt ein im Zusammenhang mit der geplanten Dekarbonisierung des Schweizer Energiesystems sehr relevantes Thema: Die Integration von Strom aus Fotovoltaikanlagen und Energiespeichern zur autarken Stromversorgung von Einfamilienhäusern. Die wichtigsten Zusammenhänge wurden im Sinn der Fragestellung ausreichend durchdacht, analysiert und diskutiert. Die Schlussfolgerungen sind – soweit im Rahmen einer solchen Arbeit machbar – ausreichend belegt. Alles Gute an Herrn Buess für seine weiter Laufbahn – der erste Schritt in die Welt der Wissenschaft ist getan.

Prädikat:

gut

 

 

 

Gymnasium am Münsterplatz, Basel
Lehrer: Bruno Hümmer