Gestaltung | Architektur | Künste

Raphael Knecht, 2002 | Muri, AG

 

Gletscher sind Zeugen des klimatischen Wandels unserer Zeit und hängen stark mit der Identität der Alpennation Schweiz als Wasserschloss Europas zusammen. Über den drastischen Rückgang der Eisriesen wurde in den letzten Jahren viel berichtet. Selten werden jedoch die Folgen davon für die lokale Bergbevölkerung thematisiert. Im Rahmen dieser Maturaarbeit soll ihr eine Plattform gegeben und ein Zeitzeugnis in Form eines Dokumentarfilms geschaffen werden. «Auf dünnem Eis – das Schicksal des Rhonegletschers» ist ein 64 Minuten langer Dokumentarfilm, der das Schicksal des ewigen Eises, aber allem voran das Leben von neun Personen, die direkt vom Schwinden der Eismassen betroffen sind, beleuchtet und zum Nachdenken anregt.

Fragestellung

(I) Wie hat sich der Rhonegletscher in den letzten Jahrhunderten verändert, und ist sein Rückgang linear, oder gibt es markante Veränderungen, seitdem sich Hitzesommer häufen? (II) Wie wirkt sich der Rückgang des Gletschers auf die Bevölkerung, den Tourismus, die Wasserversorgung und andere Naturgefahren in der Region aus?

Methodik

Ziel meiner Arbeit war es, einen Dokumentarfilm aus eigener Hand zu drehen – also ohne eine Filmcrew oder externe Hilfe von Profis bei der effektiven Produktion. Zur Umsetzung bediente ich mich einerseits meines fachlichen Vorwissens in der Videoproduktion, andererseits unterstützten mich Fachleute aus der Filmbranche, mit denen ich meine letzten filmischen Projekte kritisch betrachten konnte und so aus Fehlern vorangegangener Arbeiten lernte. Zur individuellen Stilfindung setzte ich mich vertieft mit «Die vierte Gewalt» von Dieter Fahrer und «Dans le lit du Rhône» von Mélanie Pitteloud auseinander. Das Grundgerüst des Films bilden neun Interviews, die ich in der Region um den Rhonegletscher jeweils mit zwei Kameras aufzeichnete. Zur Ausleuchtung in Innenräumen kam Kunstlicht zum Einsatz. In der Postproduktion verwendete ich Applikationen der Adobe Creative Cloud wie Premiere Pro und After Effects.

Ergebnisse

Aus über zwanzig Stunden Rohmaterial stellte ich ein knapp einstündiges Endprodukt zusammen. Darin erzählen die neun Protagonisten, wie sie vom Schwund des Rhonegletschers betroffen sind. Durch reflektierende Kommentare begleitet der Erzähler den Zuschauer durch den Film. «Auf dünnem Eis» zeigt klar auf, dass sich die Alpengletscher immer schneller zurückziehen und dadurch auch das Risiko für Naturgefahren im Goms steigen wird. Wie die lokale Bevölkerung mit ihrem Schicksal umgeht, wird durch die verschiedenen Sichtweisen der Figuren klar. Der Dokumentarfilm ist ein Appell an die Zuschauerinnen und Zuschauer, den Klimawandel nicht länger zu negieren oder zu glauben, dass er sogar noch aufzuhalten sei. Er macht deutlich, dass es höchste Zeit ist, sich den Tatsachen zu stellen und zu handeln.

Diskussion

Mit meinem Film war es möglich, alle zu Beginn gestellten Fragestellungen beantworten. Durch den Einsatz neuen Equipments und besonders aufgrund der Schlüsse, die ich aus der Zusammenarbeit mit Fachleuten ziehen konnte, war es mir möglich, die Produktionsqualität im Vergleich zu vorangegangenen Projekten merklich zu steigern. Trotzdem musste ich feststellen, dass eine Produktion in einem solch kleinen Rahmen schnell an ihre Grenzen kommt. Da ich beim Dreh gleichzeitig für Kameraführung, Ton, Licht und allem voran für das Interviewen zuständig war, schlichen sich hie und da kleine Malheurs ein. So waren gewisse Bildkompositionen nicht optimal gewählt oder es gab Probleme mit dem Fokussieren. Ausserdem fiel mir besonders das Kürzen im Schnitt schwer. Für zukünftige Projekte würde ich deshalb wahrscheinlich mindestens zu dritt agieren, damit sich jeder auf seinen Part konzentrieren kann.

Schlussfolgerungen

«Auf dünnem Eis» regt den Zuschauer zum Nachdenken an, ohne dabei mit dem Finger zu zeigen. Da ich das Projekt mehrheitlich in Eigenregie durchführte, konnte ich viele Erfahrungen in allen Schritten einer Videoproduktion machen. Indem Fachleute in der Vorbereitung und im Schnitt beigezogen wurden, machte ich grosse Fortschritte im Storytelling und in der Selektion spannender Inhalte. Künftig möchte ich Feinjustierungen am Endprodukt vornehmen. So würde ich gerne im Sound Design noch einige Details anpassen. Für den Vertrieb des Films, der bisher aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation erschwert war, plane ich eine Untertitelung in mehreren Sprachen. Ich hoffe, damit möglichst viele Zuschauer zu erreichen und zu weiteren Diskussionen anzuregen.

 

 

Würdigung durch den Experten

Reinhard Manz

Die Folgen des Klimawandels zeigt Raphael Knecht in seinem Dokumentarfilm eindrücklich am Rückgang des Rohnegletschers. Neun Protagonisten, die nah mit dem Gletscher verbunden sind, äussern ihre persönliche Meinung dazu vor der Kamera. Ihre Aussagen wirken glaubhaft und erzeugen im Filmschnitt eine kontroverse Diskussion über die Beschleunigung der Gletscherschmelze, über Leichentücher auf der Eisgrotte, über Abflussmengen, über Strahlerglück und Murgänge und über den kleinen Beitrag, den jeder zur Lösung des globalen Problems leisten kann. Fakt ist: Das Bewusstsein muss reifen, wir müssen uns ändern.

Prädikat:

hervorragend

Sonderpreis Gamil Stiftung «ART» – Genius Art Olympiad

 

 

 

Kantonsschule Wohlen
Lehrerin: Barbara Aabid