Biologie | Umwelt
Peter Vonderwahl, 2005 | Landschlacht, TG
Der weltweite Rückgang der Insekten und das Bienensterben verunsichern Obstproduzenten, da insbesondere Apfelblüten fremdbestäubt sind. In der vorliegenden Arbeit wurde bei 24 Apfelbäumen der Sorten Gravensteiner und Gala untersucht, wie sich eine Welt ohne Bienen auf die Produktion von Äpfeln auswirkt. Dabei wurden bei je drei wind-, hand-, seifenblasen- und bienenbestäubten Apfelbäumen die Anzahl Blüten und das totale Erntegewicht sowie bei 240 Äpfeln Gewicht, Qualitätsklasse, Anzahl Apfelkerne, Stärkezahl, Reifeindex nach Streif, Fruchtformindex nach Duhan und der Mineraliengehalt bestimmt. Die Bienenbestäubung erzeugte die qualitativ besten Äpfel und schnitt ökonomisch am besten ab. Die Handbestäubung brachte zwar einen ähnlich hohen Ertrag, allerdings von geringerer Qualität und zu hohen Arbeitskosten bei der Bestäubung. Sowohl die Seifenblasen- als auch die Windbestäubung erzeugten nur Äpfel von geringer Qualität.
Fragestellung
(I) Wie beeinflusst die Bestäubungsmethode die Menge und die Qualität der Äpfel? (II) Ist die Biene durch Wind-, Hand- oder Seifenblasenbestäubung ersetzbar?
Methodik
Es wurden je 12 Niederstammbäume der Sorten Gravensteiner und Gala entweder windbestäubt, handbestäubt mit Pinsel, handbestäubt mit Seifenblasen oder bienenbestäubt. Die 18 nicht durch Bienen bestäubten Bäume wurden mit einem Netz umhüllt, welches keine Bienen durchlässt. Sämtliche Blüten und alle Äpfel wurden gezählt und abgewogen. Zudem wurden bei je 30 Äpfeln jeder Sorte und jeder Bestäubungsmethode das Gewicht, die Qualitätsklasse, der Reifeindex nach Streif, der Fruchtformindex nach Duhan, die Anzahl Kerne und der Mineraliengehalt ermittelt.
Ergebnisse
Gravensteiner- und Galaäpfel verhielten sich nicht bei allen Bestäubungsmethoden gleich. Die windbestäubten Gravensteiner trugen durchschnittlich nur 23 kernlose Äpfel pro Baum mit einem Durchschnittsgewicht von 147,4g ± 13, was 2,2% der Blüten entsprach. Die Gala trugen 86 kernlose Äpfel pro Baum (5.5% der Blüten) und wogen durchschnittlich 160,4g ± 18,2. Die handbestäubten Gravensteiner trugen 169 vielkernige Äpfel pro Baum (15,1%); bei den handbestäubten Gala wurden 262 vielkernige Äpfel pro Baum (17,9%) gezählt. Aufgrund der kleinen Apfelgrösse (Gravensteiner 100,3g ± 11,4 und Gala 119,8g ± 7,6) war das Erntegewicht der handbestäubten Äpfel gering. Die seifenblasenbestäubten Gravensteiner trugen 85 kernlose Äpfel pro Baum (6,7%), die durchschnittlich 252,5g ± 26,6 wogen. Die seifenblasenbestäubten Gala trugen 155 kernlose Äpfel pro Baum (11,8%), die 147,5g ± 16,8 wogen. Die grösste Ernte erbrachten bei den Gravensteiner die bienenbestäubten mit 127 normalkernigen Äpfeln pro Baum (11,1%) und einem Gewicht von 163,3g ± 13,6. Dies traf auch bei bienenbestäubten Gala mit 199 normalkernigen Äpfeln pro Baum (15%) zu, die 177g ± 22,8 wogen. Die Laboranalyse zeigte, dass die Anzahl Kerne mit einem höheren Calciumgehalt des Apfels einhergeht. Der Kalium- und der Phosphorgehalt waren umso geringer, je mehr Äpfel an einem Baum wuchsen.
Diskussion
Die Anzahl Äpfel, also die zur Reife gelangten Blüten, und deren Durchschnittsgewicht und somit die Erträge unterschieden sich je nach Bestäubungsmethode und Sorte. Die Windbestäubung erzeugte zu wenig Äpfel, jeweils ohne Kerne. Die Handbestäubung ergab zwar eine sehr grosse Anzahl an Äpfeln, aber von schlechter Qualität: Die Äpfel waren zu klein und hatten zu viele Apfelkerne. Die Seifenblasenbestäubung ergab eine stimmige Anzahl an Äpfeln, jedoch waren die Gravensteiner übergross und hatten keine Kerne. Die Bienenbestäubung ergab nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ die besten Resultate. Der Calciumgehalt, der die Haltbarkeit, die Fleischbräune, die Glasigkeit und die Stippe verbessert, war umso höher, je grösser die Anzahl Kerne war. So schnitten die vielkernigen, handbestäubten Äpfel qualitativ erstaunlich gut ab. Bei einem Folgeversuch könnte man untersuchen, ob mithilfe der Ausdünnung der handbestäubten Äpfel sich die Qualität verbessern würde und so mit der Bienenbestäubung qualitativ konkurrenzfähig wäre.
Schlussfolgerungen
Die Bienenbestäubung bringt die besten Äpfel hervor und dies mit kleinstem Aufwand für die Bestäubung. Die Handbestäubung wäre die beste Alternative in einer Welt ohne Bienen. Der Aufwand ist aber gross, nämlich eine Stunde pro Baum allein für die Bestäubung mit dem Pinsel ohne das Sammeln der Pollen. Die Arbeit zeigt vor allem eines auf: Will die Menschheit Früchte konsumieren, muss sie unserem ältesten Haustier, der Biene, ihre volle Aufmerksamkeit schenken.
Würdigung durch den Experten
Dr. Thomas Kuster
Die Maturaarbeit von Peter Vonderwahl zum Thema «Apfelproduktion ohne Bienen» greift ein spannendes und aktuelles Thema im Obstbau auf. Mit viel Eigeninitiative und Herzblut hat Peter Vonderwahl aufgezeigt, dass es zur Bestäubung der Apfelblüten durch Bienen keine Alternativen gibt. Um qualitativ hochstehende Äpfel ernten zu können, sei der Biene auch in Zukunft unsere vollste Aufmerksamkeit zu schenken. Die Arbeit überzeugt durch ihre innovativen Methoden und sowie einer sehr breiten Datengrundlage zu Erntemenge und Fruchtqualität.
Prädikat:
sehr gut
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Kantonsschule Kreuzlingen
Lehrer: Dipl. biol. HLM Witold Ming